"MedalOfHonor ein Antikriegsspiel" – Perversionen einer gewaltverherrlichenden Mainstream-Kriegsgameindustrie

Die Strategie Games zu einem Kulturgut zu erklären, zeigt nun ihre perverse Wirkung. Immer öfter treten Vertreter des Mainstream des Mainstreams auf und sagen Dinge in der Art: „Unser Egoshooter ist Kultur und muss geschützt werden.“ Bekannt sind diese Bezüge auf die Kultur etwa von Crytek. Es sind also Mainstreamprodukte, die nach kulturellem Schutz rufen, obwohl sie nicht schützenswert sind, denn eigentlich bedroht sie überhaupt nichts, weder wirtschaftliche Probleme noch künstlerisch sind sie bedroht. Dabei ist ja gerade das Gegenteil der Fall, diese Produkte werden nicht behindert, sondern dürfen wie jeder krasse Horrorfilm auch, was sinnvoll ist, „erst“ ab 18 Jahren verkauft. Die Altersgrenze von 18 verschafft ihnen sogar noch „StreetCredibility“.
Die neuste und wohl perfideste Art der Verharmlosung und „Schutzwürdigkeit“ wird nun juristisch benutzt um die Altersgrenze nach unten zu drücken bzw. um Aufmerksamkeit zu heischen: MedalOfHonor erklärt sich zum Antikriegsspiel:
„Die Hintergrundgeschichte, in die der Spieler in besonderer Weise eingebettet ist, problematisiert vielmehr das Kriegsgeschehen. Zunehmend zweifeln die Soldaten am Sinn der Befehle, die sie auszuführen haben. Das Spiel folgt der Tradition filmischer Umsetzungen der Kriegsthematik wie beispielsweise ‚Soldat James Ryan‘ oder ‚Inglourious Basterds‘, die mit teilweise sehr drastischen Gewaltdarstellungen arbeiten.“ EA Unternehmenssprecher Martin Lorber (http://www.golem.de/1011/79164.html)
Moralische Eichung einer Industrie?
Dabei wird die Erkenntnis, dass in einer menschlichen Gesellschaft sehr viel kulturell ist , offensichtlich missbraucht. Besonders erbärmlich scheint die Vorstellung zu sein von „Antikriegsfilmen“ bei EA (und der Mainstreamindustrie überhaupt): „Soldat James Ryan“ oder „Inglorious Bastards“. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Kriegsfilme, die keinen Anspruch auf „Antikriegsfilme“ erheben können, da sie: Krieg nicht problematisieren oder Krieg hinterfragen (hier gewinnen immer die guten Amerikaner) noch die Brutalität in Frage stellen (‚Inglourious Basterds‘), noch nehmen sie die Thematik wirklich ernst (Klamauk bei ‚Inglourious Basterds‘). Beides sind zudem Filme, die auf Mainstreamkino ausgelegt sind. Beide Filme können sogar als Propaganda für die (amerikanische) Kriegsmaschinerie gelesen werden und stehen eins in der Reihe mit dem Propagandaspiel „Americas Army“.
Dabei gäbe es gute „Antikriegsfilme“ angefangen bei Mainstream-Filmen wie Apocalypse Now, Thin Red Line, Die Brücke, Im Westen nichts,  Neues  zu Path of Glory, Waltz with Bashir. Die Liste ist lang.
Verharmlosend und nahe bei Propaganda wie „Americans Army“
Es scheint als, hätte diese Gamemainstreamindustrie ihren moralischen Kompass längst verloren und fühle sich so mächtig, dass sie sich alles erlauben können. Siehe auch GodOfWar an der FMX. Denn eigentlich tut ein Grossteil der Kriegsgames nichts anderes als mit Krieg Werbung zu machen und ihn letztlich zu verherrlichen. Hier wird einfach getötet, ausgeknipst, nicht daneben geschossen und röchelnd Sterben dient nicht zur Abschreckung und der Darstellung von Menschlikeit sondern ist Kick. Die Unterschiede zu Kriegs-Propaganda-Spielen wie „Americans Army“ sind meist nicht existent. Ein Antikriegsfilm möchte den Krieg an sich (nicht nur den nicht-amerikanischen Krieg) verhindern, ein Antikriegsspiel müsste die Leute dazu bringen, Krieg, die Logik, die Gewaltigkeit, die Unmenschlichkeit darzustellen und zu zeigen, dass es so nicht geht. Wer ein Antikriegsspiel spielt müsste am Ende das Spiel zur Seite legen und sagen: Ok, Krieg, das Simulieren von Krieg als Spiel ist jenseits, es richtet sich gegen Menschen, verbreitet Stereotypen. Es stellt sich sogar die Frage, ob man Krieg spielend und simulierend nicht Krieg fördert. Dies sind Fragen, die man sich stellen müsste nach einem Kriegsspiel. Fragen, die etwa Spiele wie „12. September“ stellen und erfahrbar machen.
MedalOfHonor ist um es deutlich zu sagen ein kriegsverherrlichendes Spiel, das zeigt schon der Titel „Medal of Honor“. Krieg generiert nur Auszeichnungen und keine Ehre.
Kultureller Schutz nicht für alles und jeden: Differenzierung als Strategie – Abgaben aus Games an Kriegsgebiete
Es wird in den nächsten Monaten und Jahren wichtig sein, Differenzierungen herauszuarbeiten, gerade auch von Seiten der Gamedesigner und  Spielekulturvertreter, um zu zeigen, wo eine Grenze verläuft und wo, der „kulturelle“ Schutz endet. Und eine Industrie, die mit Kriegsspielen ihr Geld verdient ist einfach nicht schützenswürdig, man sollte viel eher die Hersteller dazu verpflichten, die Hälfte des Geldes abgeben zu müssen für den Wiederaufbau etwa von Kriegsgebieten oder Spiele mit Hakenkreuzen dazu verpflichten Geld abzugeben für die Entschädigung der letzten verbliebenen Opfer.
Dafür sollte die Community der Gamedesigner einstehen und nicht sich schützend vor Perverse stellen, die allen ernstes aus MedalOfHonor ein Antikriegsspiel machen wollen. Hier könnte Glaubwürdigkeit auch von Entwicklerseite beginnen: Entwickler sollten eben differenzierter sein als ihre Kritiker.
Nachtrag:
Warum Firstpersonshooter Spass machen. Mehr dazu >

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.