Warum Firstpersonshooter Spass machen – nicht wegen der Gewalt sondern wegen dem Gamemechanismus. Sicht eines Gamedesigners.

Der Gamemechanismus eines Firstpersonshooters ist eigentlich recht einfach und doch ausgeklügelt. Die Aufgabe ist sofort klar: Der Avatar ist bedroht in seiner Existenz im Spiel, muss sich wehren, die Bedrohung beseitigen. Er wird aus der Ferne beschossen und kann auch selbst zurückschiessen. Schiessen erweitert die normale Kontakt-Machtausübung und entkoppelt sie. Diese Erweiterung gibt dem Avatar mehr Macht, einen grösseren Einflussradius. Dieser Mechanismus funktionierte auch schon bei den ShootEmUps der 70er und 80er Jahre angefangen bei Space War, Invaders bis zu Spielen wie R-Type.   Die Gamemechnik ist fast immer derselbe: Schiessen, ausweichen oder zerstört werden.  Durch die ständige Bedrohung kommt der Spieler eigentlich nie zur Ruhe, er muss auf der Hut sein und ist ohne Unterlass damit beschäftigt zu reagieren (ähnlich wie bei Tetris). GameOver heisst: Ausgestossen werden aus dem Spiel  und dem MagicCircle zurück zum Nicht-Spieler-Sein.
Im Einzelspielermodus ist der Spieler bedroht von den KIs – im Multiplayer von den Avataren und den dahinterstehenden Mitspielern.  Wem dies als Spieler nicht intuitiv klar ist, der findet es heraus, indem er sich ins Settings versetzt, die Story verfolgt oder Missionen ausführt (oft: Krieg oder im Space Mensch gegen Aliens).  Die Story und das Setting verengen das Erwartbare, plausibilisieren die einfache digitale Gamelogik.  Kriegsszenarios sind dabei natürlich das billigste Mittel den Spieler in diese Ausnahmesituation zu versetzen. Sie suggerieren, dass es im Krieg ähnlich zu und her geht.
Weitere vertiefte Einsichten findet man im Buch “Shooter – Eine multidisziplinäre Einführung“ – Kapitel: Sinnsystem Shooter.
Das Kriegszenario in Firstpersonshootern

Das Real-Kriegsspielszenario wird immer öfter verwendet für 3D-Shooter.  Dabei hat historisch nach Wolfenstein erst Doom mit seinem Weltraum- und (Enemy-)Alienssetting den Durchbruch und eine gewisse breitere Akzeptanz gebracht.  Lange war in Tests/Artikeln der 80er und 90er Jahren die Gewaltätigkeit nicht sonderlich hochgeschätzt. Man denke an Kabal. Erst in den letzten Jahren sind Spiele wie MedalOfHonor oder CallOfDuty  breiter bekannt und nicht mehr hinterfragt worden. Dabei ist nicht genau klar, welchen Teil des 10-15% Anteil des Marktes der Firstpersonshooter die Kriegsspiele ausmachen. Es lässt sich nur anhand der erscheinenden Titel ablesen, dass Pseudokriegsspiele einen regen Zulauf haben.  Immer unverhohlener wird dabei mit Krieg und damit angeblicher realistischen Szenen Werbung gemacht wird. Dabei gibt es eigentlich keinen Realismus in ihnen:
–       Sie haben kein realistisches Gameplay. Man stirbt selten, kann sich wieder aufladen oder gar unendlich oft von Neuem beginnen. Ein Spiel dagegen soll dem Spieler positive Gefühle und Erfolg bringen. Unterhaltung ist sein Zweck.
–       Wer je eine Waffe in der Hand (hoffentlich als Angehöriger einer regulären Armee) hatte, weiss dass es unendlich anders (gefährlicher, schweisstreibender, lauter ist) als in irgend einem Firstpersonshooter. Ein Schuss bedeutet danach nicht mehr viel zu hören, ein Schuss ist eine Anstrengung, Nervosität. All dies ist das Gegenteil von virtuellem Gameplay.
Dies sind nur zwei Aspekte, die zeigen, dass Games eben nur pseudorealistisch sind. Sie waren nie ausgelegt auf Realismus. Interessanterweise zeigt gerade das Spiel „Americans Army“, dass Firstpersonkriegsspiele nur bedingt helfen Leute für den Krieg zu trainieren. So musste die Grundausbildung in den USA überarbeitet werden , weil die neuen Rekruten zwar taktisch leicht besser sind, aber eben noch weniger in der Lage sind zu kämpfen oder gar zu töten (US-Army überarbeitet Grundausbildung – wegen Computerspielen).
Werbung mit dem Krieg
Die Spielefirmen machen dennoch immer unverholener Werbung mit dem Krieg und seinem Realismus etwa bei Modern Warfare. Dabei wundern sie sich dann auch noch, wenn gerade die Politik beim Wort nimmt und ihre obszönen Plakate für bare Münze nimmt.  Statt sich auf Kriegsspiele zu konzentrieren, die gerade bei Jugendlichen beliebt sind (Jedes Spiel über 18 verkauft sich blendend und wird leider auch weit darunter gespielt wegen ihrer Gewaltstreetcredibility), sollten die Gamefirmen eher herausfinden, wie man das Gameplay in friedlichere Bahnen/Settings lenkt.
Denn: In vielen Fällen spielt man Firstpersonshooter inzwischen trotz ihrer Gewaltdarstellungen, einfach weil der Gamemechanismus funktioniert. Immer unter Druck wie der umgegebenen Realwelt.

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