Games im Deutschunterricht? Eine Tagung in Köln hat dieses Fenster weiter aufgestossen

Eigentlich ist die Sache seit Jahren gar Jahrzehnten klar: Kinder und Jugendliche  bräuchten dringend eine Medienpädagogik, die zu  Medienkompetenz führt und sie nicht mit den Medien alleine lässt. Den Kindern und Jugendlichen fehlt – von einem kritischen Umgang gar zu schweigen – Ein- und Ausblick in die Einfachheit und Komplextität von Medien. Angefangen von Zeitungen, Musik, Radio, Fernsehen, Internet bis hin zu Games fehlt ausser der Möglichkeit zum Konsum jede Kompetenz. Allein schon bei der Frage, wie Zeitungen entstehen, herrscht beim durchschnittlichen 20 Jährigen Sendepause. Keiner fragt nach: Wer bezahlt eigentlich für den Inhalt in 20min? Warum gibt es in 20min soviel Werbung für Games? Wie entsteht eine Zeitung?
Die Nicht-Medienkompetenz und -pädagogik unserer Tage
Die Liste für die Nichtexistenz einer Medienpädagogik ist lang und die Gründe sind vermutlich ein Mix aus folgender Liste: Schule spiegelt die Minimalanforderungen an ein Individuum einer Gesellschaft wieder, Lehrpläne verändern sich langsam, Lehrpersonal ist eher konservativ (Medienkonsum),  man konsumiert Medien lieber, als dass man nach wiederkehrenden Mustern oder gar Produktionsbedingungen fragt, Medien sind im Gebrauch transparent und treten nicht in Erscheinung, Konsumenten sind meist nicht in der Lage selbst etwas zu produzieren und letztlich sind einfache Konsumenten halt auch einfacher bedienbar. Wo kämen wir hin, wenn etwa eines Tages Kids nach besseren Konzepten für Strategiespiele fragen würden (weil sie sich in der Geschichte der Strategiespiele auskennen) oder nach ausgewogeneren Zeitungen?
Deutsch und Games
Was ist das didaktische Ziel – neben der Motivationssteigerung – der Nutzung von Games (im Deutschunterricht)? Die 2-Tages Konferenz in Köln zum Thema „Deutschunterricht und Games“ hat dazu einige Antworten geboten und Fragen aufgeworfen. Die Meinungen gingen in Köln natürgemäss auseinander.
Gamifizierung des Unterrichts oder der Unterricht als Spiel
Am einen Ende stand die Gamifizierung des Unterrichts als Spiel (im Sinne von positivem Response) versus der oft Negativresponse im heutigen Unterricht. Hier könnte die Zusammenarbeit mit Gamedesignern zu interessanten Formen von Unterricht führen (sofern man dies will). Dabei muss natürlich auch klar sein, dass Games mit Magic Circlen, Flows und ausgeklügelten Herausforderung-, Bestrafungs- und Belohnungssystemen arbeitet.
Games als Unterrichtsgegenstand
Games als Unterrichtsgegenstand wurden in allen anderen Vorträgen hervorgehoben.
In den meisten Fällen wurde dabei auf die naheliegendste (der Literatur) und auch schon oft wissenschaftlich ausgearbeitetste Parallele im Erzählen(Narratologie) eingegangen. Übungen in diesem Bereich wären etwa das Finden von Erzähltechniken, Erzählmustern, von Montagemöglichkeiten, das Finden von Tiefenstrukturen oder in umgekehrter Richtung (Produktion) das Schreiben von eigenen Geschichten (entlang von Mustern).
In den meisten Diskussionen wurde aber auch darauf hingewiesen, dass das Wesen der Spiele natürlich über das rein Erzählerische hinausgehe und hier anders erzählt wird. Gerade dem Ludologischen werde zu wenig Beachtung geschenkt.
Medienkompetenzen
Einen etwas anderen Ansatz im Unterricht wählten die Schweizer Teilnehmer (zu denen auch der Autor dieses Blogs gehörte). Hier wurde davon ausgegangen, dass jedes Medium sein eigenes Regelset habe. Lesen aber auch Erzählen sei in anderen Medien eben etwas anderes. Und genau dies sei als Medienkompetzen zu vermittlen (Wie wird rezeptiert, wie produziert?) und am Ende wieder auf die Literatur zurückzubeziehen. Was sind die Regeln in der Literatur im Vergleich zu anderen Medien?
Dabei wurden Nahtstellen gesucht, an denen sich solche Regeln herausarbeiten lassen. In einem Fall etwa schrieben die Schüler (Gymnasialstufe) zuerst ein eigenes Märchen (klassische Narrationsschema). Wählten daraus zwei aus und erstellten aus diesen zwei Märchen wiederum „Märchen“ in 6 verschiedenen Medien (etwa ein Pantomime, ein Theaterstück, ein Comic, ein Hypertext, ein Machinima, ein Brettspiel). Jede diese Gruppe stand damit vor einer anderen Herausforderung und einer anderen Art eine Geschichte zu erzählen und umzuwandeln. In jedem Fall musste eine andere Medienrealität erzeugt werden. Anschliessend folgte eine Reflexion über diese verschiedenen Medien und die Erzählungen im Vergleich.
Mit diesem geschärften Blick mussten die Schüler zwei Spiele spielen: Tetris und Samorost. Dabei ging es um die Frage der Narration und die Unterschiede. In einer Diskussion wurden die zwei im ersten Moment gegensätzlichen bzw. gemeinsamen Positionen von Narratologie und Ludologie herausgearbeitet. Angereichert mit Konzepten wie Magic Circle, Game vs. Play … wurden nun wiederum literarische Texte betrachtet und danach gefragt, ob man Regeln der Spiele auf die Literatur wie Borges oder Kafka anwenden kann und wenn ja welche und wenn nein, welche nicht (vgl. Iser ). Dadurch entsteht zunehmend ein differnzierterer Blick für Medien und ihre erzeugte Realität sowohl in der Rezeption wie auch in der Kreierung.
Medien müssen in die Schule
Und am Ende mag auch ein Argument schlagend sein: Erst wenn die Medien der Jugendlichen Teil des Unterrichts sind, können sie vielleicht auch wieder anfangen, keinen Spass zu machen. Man stelle sich vor: „Uhh nein schon wieder Assassins Creed. Nein, sorry hatten wir in der Schule!“ oder „Nein verschone mich mit Angry Birds, das durchschaue ich längst“ oder „Die Simpsons schauen – wieder dieselbe Geschichte dahinter?“
Die einzelnen Ansätze im Überblick
Mehr zu den Ansätzen findet man in dieser Zusammenfassung:
http://www.spielbar.de/neu/2012/04/goethe-meets-games-eine-fachtagung-bringt-computerspiele-in-den-deutschunterricht/
http://www.ksta.de/html/artikel/1333122850541.shtml

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