catch and hold fire (serie) – die zukunft ist offen geschlossen

# Geschichte
Wir leben ein positivistisches Frameset (narrative Mechanik), das Geschichte immer als Fortschritt und Entwicklung genau zu diesem Punkt, der Gegenwart deutet. Es ist geradezu wie ein Spieleplot – die Entwicklung muss zu diesem vorbestimmten Ende führen, als wäre sie von einem Plot vorgegeben. Natürlich wird längst die moderne Variante OpenWorldVariante herumgereicht: die Spielmechanik oder das Regelsystem führen automatisch zu diesem jetzigen Ende.

Halt and catch fire (HCF): https://en.wikipedia.org/wiki/Halt_and_Catch_Fire
Motorola6800: Due to incomplete opcode decoding, two illegal opcodes, 0x9D and 0xDD, will cause the programm counter on the processor to increment endlessly, which renders the processor useless.  HCF became a humorous term for all instructions that may freeze a processor

Die Realität ist dagegen weit komplexer und kann sich schon auch mal drehen in einem Moment. wenn etwa einer einen Flug verpasst und dann eben CPM nicht vorstellen kann und MS-DOS zum Standardbetriebssystem wird bei IBM. So zumindest die Legende, aber selbst dann: es hätte auch ganz anders kommen können.

# CATCH AND HOLD FIRE spielt mit dieser vorweggenommenen Zukunft ab den 80er Jahren, die wir ja alle kennen, weil sie inzwischen Geschichte ist. Es geht um Nerds, Programmierer und/oder Gründer, die in jeder Staffel an verschiedene Baustellen bzw. konstruiert neuralgische Punkte, der Enwicklung von Computern, BBS, Communities, Internet, Suchmaschinen, Browsern sind.

# 5+ Plateuax oder ein Mikrokosmos (pars pro toto)
Dass das Ganze überhaupt gut funktioniert, ist dem ‚Erzählumstand‘ zu verdanken, dass die Entwicklung aus der Perspektive von verschiedenen Charakteren gezeigt wird. Von der Nerdprogrammierin (und Visionkeeperin), einem Hardwarecrack über den ‚Visionär‘, Ingenieurin bis zum Old-Industrie-Guy, die mehr und mehr Managerin und Unternehmerin wird. Dabei sind alle Aspekte auch neben ihren 150% Job – Startups über Wasser zu halten – immer mit dabei. Vom Kind, über Kein-Kind, von Verrat und gemeinsamer Aufgabe, von Ideen und Business, von Neuem und dem ewig Gleichen, Sexismus und Netzwerken.

# Gemeinsamer Start : der IBM-Clone
Was sie alle am Anfang eint: Sie wollen was Revolutionäres machen, vorn dabei sein. Und das sind sie dann auch.

# 1985 – IBM Personal Computer und seine Kopien
In Stafel I soll ein neuer PC entwickelt werden. Und zwar unabhängig von IBM, leicht schnell und kompatibel. Spätestens hier wird klar, um was es geht: ein Kompatibler muss her, um bei IBM mitzuverdienen und das lief über Reengeniering etc und endete mit einer ganzen Industrie, die bis heute weiterlebt.

Gerade weil ein gewisser Bill Gates nur Lizenzen an IBM verkaufte von MS-DOS, das er davor billig erwarb. Und dazu ein radikal neues Betriebssystem? Danach zerbricht die Firma und alle sind anders unterwegs.

# BBS – 90+ – Communities
Unvermittelt taucht man danach in der BulletBoardSystem-Szene ein. Jener Szene der 80er Jahre in die man mittels Modems (Zterm, VT52 oder dannTelnet?) lokal auf ‚Servern‘ einloggen (Wieviele Linien hast du? Besetzt?) und dort chatten, files downloaden (vergleichbar mit den europäischen Netzen etwa Minitel in Frankreich, BTX in Deutschland) etc. konnte. Auf einer Metabebene geht es hier auch um die Homecomputerszene über den ab und zu sichtbaren C64, aber eigentlich nur am Rande . Hier fängt der Layer ‚Online-Communities‘ an, der fortan immer irgendwie als Thematik dabei ist. Hier versucht wiederum ein Startup mit Nerdprogrammerin und -Ingenieur-Managerin (die anderen Linien werden auch verfolgt) gross zu werden und zu verstehen, was es bedeutet eine Community zu haben, zu pflegen, sie einzuladen und real zu sehen und Geld zu verdienen. Dabei ist es fast zu offensichtlich, dass hier auch immer die heutige Zukunft verhandelt wird.

Mit eingeführt wird hier auch das Thema Game Development – was vermutlich irgendwie auch an die MUD Szene erinnert und natürlich auch an die Homecomputerszene mit ihren neuen Vertriebswegen (vs. Konsolen).

Mehr Themen als konkrete Techniken
Die einzelnen Technologien verschwinden hier zu einem grossen Ganzen und es geht eher um Trends und Ideen, um vorgezeichnete Produkte, darum, dass alle an allem arbeiteten, um irgendwie in die Zukunft zu kommen. Klar wird aber auch, dass viele Themen, die erst später Massenware werden schon früher erarbeitet und experimentell ausprobiert werden etwa Download von Games auf dem Atari 2600, Kippboards von Amiga und und und …

Diese zwei Seasons enden damit, dass das Unternehmen nun auch eine Tauschbörse betreibt und die meisten an die Börse wollen, die Visionkeeperin aber lieber zuerst ihr Nutzerbasis über Ports erweitern will. Damit floppt auch diese Firma. Daneben führt ein Virus zur Gründung einer Virenfirmen – immer frei nach dem Businessmotto der Tech-Industrie: Lieber klauen, als selbst viel investieren. Am Horizont wartet aber schon das ganz grosse nächste Ding.

Internet, www und mehr … 90+

Die 4te und letzte Staffel dreht sich – neben vielen anderem – zuerst um Provider und der Frage, wie hat man Zugang zum Netz über die grossen vergangenen Providern wie AOL etc. Wie soll es weitergehen mit all diesen Gated Communities? Gopher?

Irgendwie raufen sich die meisten verstreuten nochmals zusammen (ein Teil arbeitet schon in der Gameindustrie in Japan) und sitzen nicht viel später vor einer NExT (dem revolutionären Computer rund um Steve Jobs, dessen Betriebssystem noch heute wieder in jedem Mac werkelt). Warum? Tim Berners Lee hat am CERN HTML vorgeschlagen (eine Beschreibungssprache und Untermenge von SGML einer Buchbeschreibungssprache – Editor und Browser!!!) und damit die Hypertext-Diskussion vereinfacht (Remember Hypercard?) und nutzbar gemacht im Netz.

Direct wie 1990 eintauchen ins Web:
https://worldwideweb.cern.ch

Wo wurde DOOM programmiert? Und worauf liefen die ersten Browser? Genau auf diesem Ding, das mitten in der Serie auf dem Tisch steht. Die NExT von Jobs.

Richtig teuer: ein Cube – ‚Unix‘, OOP, ProjectBuilder, MultiTasking-Betriebssystem – abreissbare Menueinträge!

# Auf demTisch – NeXT 
Das muss das nächste Ding sein und so geht die Entwicklung von neuem los: Soll es ein Browser werden, der Zugang zum Netz erlaubt? Ein Mosaic-Killer? Und wie Kartografiert man das expandierende Netz um 92/93? Listen oder Suchmaschinen?


Wir wissen alle, wie die Geschichte ausging. Welche Nicht-Frontiers heute die Welt beherrschen und wie viele dieser endlose Run auf der Strecke blieben mit Ideen, die radikaler waren, als was sich danach durchsetzte und um 2000 endgültig aus dem Techbereich in die Welt überschwappte. Dann war das Medium vernetzter Computer bei allen angekommen. CATCH AND HOLD FIRE ist ein Trip durch die Digitalisierung der Frontiers. Es ist aber selbstverständlich auch ein blinde Geschichte, etwa weil sie dem System einer Gruppe folgt, ihren Ideen, ihren Jobs. Sie schreibt dabei die Geschichte der PC Welt ohne dabei hinzuschauen, wie etwa (neben vielen anderen Entwicklungen) die Homecomputerwelt mit ihren kostengünstigen 68k Computern (Amiga, Atari ST), die Welt auch umgepflügt und digital demokratisiert hat.

Der Film ist trotzdem ein Muss für alle die irgendwie dabei waren und auch für alle, die nochmals irritiert werden möchten mit: ‚Was es gab vor Mosaic noch andere Browser? ERWISE or VoilaWWW?‘ und ‚Mozilla steht für Mosaic Killer?‘ Das Ganze ist ein Kristallisationspunkt für Anschlusskommunikation.

Die Serie gibt es auf DVD und/oder auf Amazon Prime Video, da kann man sie theoretisch mit dem Gratisabo in 2 Tagen durchsehen. Hack the system is all!

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