Bücher »Overboard«!

John Cayley vor seinem Werk "Overboard" beim Radiointerview


In Basel hielt die digitale Kunst Einzug in die Bibliothek. Unmittelbarer Anlass dazu war, wer würde das vermuten, eine Weisung der Feuerpolizei. Organisator Roberto Simanowski hatte nämlich geplant, das digitale Kunstwerk „Overboard“ von John Cayley im Foyer der Universitätsbibliothek auszustellen. In typisch Schweizerischer Manier wurde dies aber aus feuerpolizeilichen Gründen untersagt.
Kein Problem, sagten sich die Veranstalter, und verlagerten den Ort der Präsentation in den Katalogsaal der Bibliothek. Nun steht der grosse Flachbildscreen auf einem Regal voller gebundener Bücher. Selbstverständlich darf man sich hier nicht fragen, wo denn die Anordnung besser brennen würde: an einer kahlen Betonwand oder inmitten von viel Papier.
Jedenfalls liefert der neue Ort inmitten der Bücher einen wunderbaren Kontext für das Werk „Overboard“ von John Cayley. Denn darin geht es vor allem um die Frage des Lesens und Nicht(mehr)lesens am Ende des Gutenbergzeitalters. Die Bücher werden hier, so ist man versucht zu sagen, über Bord geworfen. Oder zumindest wird das hier thematisiert. Die Buchstaben dienen als Taue, an denen sich der über Bord gefallene Mensch verzweifelt festklammert. Die Geschichte seiner Situation kann in den fluktuierenden poetischen Zeilen wahrgenommen, aber nie vollständig gelesen werden. Die Buchstaben vertauschen sich, die Worte verschwinden und verändern sich, sie scheinen in eine andere Sprache hinüber zu gleiten – und dann auch wieder zurück ins Deutsche zu finden. Animierte, konkrete Poesie oder „Ambient time-based Poetry“, wie Cayley gerne sagt.
Roberto Simanowski, Medienwissenschaftler an der Universität Basel, hielt eine Einführung zu „Overboard“. Der an der Brown University in Rhodes Island lehrende Künstler John Cayley erklärte danach auch noch sein neuestes Kunstwerk, das in Form eines gedruckten Plakates daneben ausgesetllt ist. Digitale Literatur auf Papier, fragt man sich? Cayley versucht in „Monoclonal Microphone“ neue Wortkombinationen zu finden, die in dieser Zusammenstellung noch nie nieder geschrieben wurden. Er gleicht seine Funde mit einer Suche in Google Books ab. Sobald die Kombination der Begriffe dort nicht gefunden wird, wird sie in die Sammlung aufgenommen. So ist das Werk vorläufig schon auf über 9000 Wortpaare angewachsen.
„Overboard“ ist das erste Werk, das in einer neuen Ausstellungsreihe „Digitale Kunst in der Bibliothek“ in Basel gezeigt werden soll. Es ist bis auf weiteres im Katalogsaal der Universitätsbibliothek Basel zu sehen.
Veranstaltungslink, 28./29. März

Digitale Literatur: einmal am Screen, einmal gedruckt als Plakat

Dieser Beitrag wurde unter Edu, Event, Kultur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

1 Antwort zu Bücher »Overboard«!

  1. What do you think about my NEMO VIDEO? I really need some good feedback! Thank you!

Schreibe einen Kommentar