Das Pressefoto des Jahres oder wieviel Manipulationen erträgt ein (HDR-)Pressefoto

Dies ist nicht nur irgendein Bild sondern – und hier beginnen die Komplikationen – das preisgekrönte Foto am „World Press Photo Award“.
Irgendwie „unnatürlich“ -manipuliert?
Obwohl immer mehr HDR-Fotos in Magazinen auftauchen (siehe dazu später), schien diese Fotografie ‚verdächtiger‘. Das Bild scheint zu inszeniert, zu ‚unnatürlich‘ – etwa in der Verteilung der Kontraste (unterschiedliche Licht-Schatten-Ausprägungen). Und so machte sich der Datenforensiker Neal Krawetz ( siehe > ) daran, das Bild nach bekannten Mustern für Fälschungen und Manipulationen zu analysieren (etwa Schattenwürfe, Helligkeiten, Ausgewogenheit des Bildes) und befand, es handle sich hier um ein manipuliertes Bild (Die Gamemechanik des Lichtes schien unnatürlich). World Press Photo und der Fotograf gaben darauf Statements ab. Interessant sind dabei die Begründung:
[…] Fotograf: „Ich habe das Licht nachträglich verändert, mit unterschiedlichen Lichtstärken entwickelt und danach die Bilder übereinander geblendet.“
[…]
Foundation: „Die Regeln der World Press Photo Foundation erlauben Retusche im Rahmen der branchenüblichen Standards.“
(siehe http://www.nzz.ch/aktuell/digital/wie-stark-darf-ein-pressebild-bearbeitet-werden-1.18082337)
Im Falle von „Was ist eine Fälschung? Was ist manipuliert“ geht es bekanntlich immer um den Bezugsrahmen und die Frage, was ist im System erlaubt.
Im Bild darf man alles
In einem Bild darf bekanntlich alles angewendet, kombiniert werden: jede Perspektive – von Aquarell, über Farbstift, Ausdrucke oder gar reale Gegenstände, alles lässt sich integrieren, was den Ausdruck verstärkt und wurde auch gerade in der Kunst (aber auch in Werbung) inzwischen ins Medium Bild integriert. Als Beispiel aus der Kunst, das verschiedene Helligkeiten/Situationen im Bild als Stilmittel anwendet ist R. Magrittes „L’Empire des lumières“. Der Tageshimmel passt nicht zur Szene oder umgekehrt die Szene nicht zum Nachthimmel. Der Zuschauer ist gefangen zwischen zwei Hypothesen oder er befindet sich schon im Paradox bei der Semiose dieses Bildes.

http://www.guggenheim-venice.it >
Ähnlich wie bei R. Margritte Bild „ergeht“ es dem Zuschauer im preisgekrönten Foto. Die Demonstranten leuchten geradezu im Schatten dieser Gasse.

Analoge Fotografie oder die Konstruktion von der Abbildung der Realität
Bei der Fotografie stand (im Gegensatz zum Kunst- oder Werbebild) am Anfang (und auch dies wurde missverstanden) eine Abbildfunktion der Realität (Lichtwellen – chemischer Prozess – Entwicklung – Foto). Diese Abbildfunktion der „analogen Fotografie“ schaltet – so zumindest die Idee: das Medium Mensch aus. Realität wird ’nicht mehr‘ vermittelt durch Menschen als Maler (vgl. Kittler: Optische Medien (Vorlesung 1999). Berlin 2002). Fotografie war so – eine Art Beweisführung auf atomarer Ebene. Dies wirkt natürlich bis heute nach – indem das Medium Foto eine wichtige Rolle spielt bei Beweisführungen in Prozessen oder eben im seriösen Journalimus. Und hier beginnen ja die Probleme mit dem oben stehenden Bild: Wurde es manipuliert?  Was wurde manipuliert, wenn überhaupt? Welche Manipulationen lässt das System Gesellschaft zu für eine ‚authentische‘ Fotografie?
Anerkennung der Fotografie als Kunstform
Wenig später entdeckte man dann aber auch die Manipulationsmöglichkeiten von Fotos etwa im Bereich Propaganda.Wie die experimentelle Fotografie schon früher zeigte, lebt die Fotografie vom Ausschnitt der ‚Realität‘ und konstruiert so wieder einen eigene Realität – wie jedes Medium. Vermutlich haben gerade diese Manipuliermöglichkeiten (die Reintegration des Menschen in dieses Medium) zur Akzeptanz von Fotografie als Kunstform geführt.
Digitale Fotografie – das neue Paradigma

Die Digitalisierung der Fotografie (bzw. des Fotografieprozesses) hat zu neuen Problemen gerade im Bereich der Manipulationen geführt.Die Daten sind einfacher manipulierbar (da digital) geworden und entsprechende Werkzeuge wie Photoshop überall verfügbar sind.
High Dynamic Range Fotografie – mehr Realität(?)

Im Bereich der digitalen Fotografie sind die Möglichkeiten von HDR  (High Dynamic Range siehe auch > ) hinzu gekommen. Ein Verfahren, das nicht mehr nur Farbwerte im Bereich 0-255 (pro Farbe) speichert, sondern in der Lage ist, die enormen Helligkeitsunterschiede, die unser Auge adaptiv bewältigen kann, zu speichern.

Die Digitalisierung der Fotografie (bzw. des Fotografieprozesses) hat zu neuen Problemen gerade im Bereich der Manipulationen geführt. Die Daten sind manipulierbar geworden und entsprechende Werkzeuge wie Photoshop sind überall verfügbar. Interessant dabei: Photoshop kennt die Möglichkeit verschiedene Layers zu kombinieren und neue Effekte zu erstellen.
Im Bereich der digialen Fotografie sind die Möglichkeiten von HDR hinzu gekommen. Ein Verfahren, das nicht mehr nur Farbwerte im Bereich 0-255 (pro Farbe) speichert, sondern in der Lage ist die enormen Helligkeitsunterschiede die unser Auge adaptiv bewältigen kann, zu speichern (Wobei unser Auge Bilder zusammensetzt und im Gehirn ein Modell der Umwelt entsteht). HDR arbeitet – technologisch – meist mit verschiedenen Bildern und Belichtungszeiten. Das heisst, es entstehen verschiedene Bilder, die kombiniert ein HDR Bild ergeben.
Kombination von Layern
Dürfen nun gesellschaftlich ‚verschiedene Auszüge aus den entstandenen Daten‘ kombiniert werden? Dürfen auch nur einzelne Teilbereiche übereinander geblendet werden? (Vermutlich hilft hier ein Rückgriff auf die alten Technologien – um sich klar zu machen, was passiert.)
Diese Fragen sind letztlich nicht technologisch lösbar sondern Teil der gesellschaftlichen Akzeptanz. Blending wie im Fall des Pressefotos scheint auf jeden Fall fragwürdig, da die Szene dramatisiert wird. Will man gesellschaftlich die Fotografie als Teil der Beweisführung auch in Reportagen erhalten, sollte auf jede Manipulation verzichtet werden.

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