Von Blockade über Hustle bis Snake – die kleine Geschichte der Spielmechanik der toxischen Trails bis hin zum toxischen Körper

Blockade 1976 Arcade (Gremlin)


Blockade wurde von Gremlin (später Sega / Gremlin) entwickelt. Die Geschichte lässt sich auf Wikipedia nachlesen. Die Grundidee: Ein Spiel bei dem man nicht mehr an die letzte Position zurück konnte. Quasi eine Art vorwärtsgerichteter Imperativ.

Das Gefährt (oder ein Mensch mit Schritten im Schnee?) – eine Erklärung gibt es nicht – bewegt sich vorwärts und kann in alle vier Richtungen in einem Grid gesteuert werden. Nicht nur kann man nicht mehr zurück zur vorherigen Positition, nein auch zu allen vorvorherigen Positionen. Der Spieler trailed nämlich eine tödliche Spur. Dabei ist das Spiel ein Multiplayer mit 2 Spielern. Dem Spiel fehlt ausser dem Namen jede Art von Story – der Titel ist die Story ist Blockade. Und ja der Name ist ja auch die Spielmechanik: Blockier den Anderen! Dennoch ist klar, wie Spielmechanik funktioniert: Überlebe solange wie möglich, bevor du in eine Spur oder Wand(?) läufst. Oder sind das sogar die Spuren der Person auf dem Screen? Ist es eine Art gehen im (schwarzen) Schnee oder Sand? Diese Defiktionalisierung liesse sich tatsächlich auch spielen!


Der Verkaufsflyer vermutlich für Aufsteller bringt (den Autoren auch nicht weiter) es auf den Punkt: Der Screen lebt und macht Werbung. Keine zwei Spiele sind gleich. Und das Spielgeschehen ist immer ablesbar, damit unterscheidet sich dieses Spiel von vielen anderen seiner Zeit.

Die Controls sind dabei: Steuerung per Knopfdruck in alle Richtungen. Ein Abrollen der Wand (siehe dazu Goran VeloTron).
Der Rest des Flyers ist Werbung, wie man Geld macht damit „The money magnet“.

Politischer Intertext

Es geht natürlich auch um die Eroberung von Raum und passt politisch sehr gut in die 70er/80er Jahre mit ihrem kalten Krieg und da ging es nie um was anderes als Blockiere den anderen und dem nicht selbst sterben an dem, was man angerichtet hat. Man denke etwa and die Aktionen der USA in Asien, Südamerika oder den nahen Osten oder auf der anderen Seite die UDSSR und ihre Verwicklungen.

CoMotion

Etwas später entstand auch eine Vierspieler-Variante, die dann am Cocktailtischen gespielt wurde.

Eine der Varianten: Minesweeper 1977

Wie das recht abstrakte Setting auch sein könnte, zeigt dann eine fast 100% tige Kopie auf derselben Hardware. Hier ist der Trail ein Feld von Minen, das Minenschiffe hinterlassen. Ebenfalls visuell interessant auch hier. Die Schiffe richten sich in die Richtung aus, in die man steuert.

Die Visualisierung der Spielmechanik wirkt dabei fast schon einfacher. Der Titel des Spiels Minesweeper. Damit schliesst das Spiel auch eher an die Elektromechanischen Arcades an (Art des Spiels, Realitätsbezug). Der Name und die Minen sind auch ein Grund, warum das Spiel dann auch in der Rechercheoberfläche Minesweepergame.com zu Minesweeper (Win3.11) auftaucht. Eintrag >

GameDev Blockade

Das Arcade-System war von Gremlin entwickelt worden und sieht einfach aus. Ein 8080-Prozessor mit RAM etc. Das Spiel scheint visuell als eine Art tile basierter Text/Character-Display aufgebaut zu sein.

https://www.arcade-museum.com/manuals-videogames/B/BlockadeOwnersManual_00004.pdf



Es ist unklar, wie konkret die Mechanik umgesetzt wurde. Handelt es sich um A ein Tilebasiertes 2D-System und die Mauern/Minen sind dann gesetzte Tiles oder B – es ist eine variable Struktur und diese wird dann gezeichnet. Anders gesagt: Baut das Datenmanagement auf einem 2D-Array auf oder auf einem wachsenden 1D-Array/Liste.

Variante A scheint einfacher und unkomplizierter zu sein. Beide Realisierungen findet man in heutigen Umsetzungen.

Interessant ist aus GameDev Perspektive bis heute, dass dieses Actionactionspiel keine Sprites benötigt, es kann ganz alleine in einem Tilebasierten System programmiert werden. Dabei muss nicht mal viel umgearbeitet werden im Videomemory, da einfach nur Videomemory überschrieben werden muss!

// ToDo: Deassemblieren der ROMs, da der SourceCode nicht findbar ist.
// ToDo: Vgl. Qix https://en.wikipedia.org/wiki/Qix

Das Spiel Blockade ist sehr erfolgreich.Und so gibt es schnell eine Masse an Kopien. Heute spielt es aber eigentlich keine Rolle mehr.

Viele Clone

Geschichte der Blockade Clones findet sich auch auf MobyGamess:
www.mobygames.com/game/80291/blockade/

Tron 1982+

Einen Schub bekommt die Spielmechanik sicherlich als sie im Film TRON von Disney vorkommt. Hier kämpft etwa der Protagonist mit anderen Programmen gegeneinander. Und eines der Spiele ist eben Blockade bzw. eine Interpretation. Hier sind die Spuren nun klar Wände, die hinterhergeneriert werden und dadurch entsteht quasi selbsterklärend ein Laybrinth. Dies verhindert auch die Sicht auf den Rest der Welt. Man wird hier wirklich 3D eingesperrt. Allerdings ist nun ein Setting ganz klar, es geht um „Light“Race. Neu: Je näher man an die Wand des anderen kommt, umso schneller ist der Avatar. Und erst durch ein Programm, das in die Wand kracht, gibt es eine Lücke, durch die alle entkommen können ins innere des Mainframes. Der Automat 1982 beinhaltet die meisten Computerspiele des Film und man spielt quasi den Film nach. Das Ganze ist extrem inszeniert.

Blockade & Tron ab 12:00

Man darf mit Fug und Recht sagen: Disney hat hier kopiert ohne Ende.

CH-Bezug

Das Spiel war auch hier als Multiplayer gedacht. Die Frage war aber von Anfang an, wie würde eine SingePlayer-Version davon aussehen. Mit dem Aufkommen von GLTron (einer 3D Version von Tron) war dann die Frage relevanter. Und so entwickelte ein Schweizer ETH Student dann 1999 eine AI dazu. Der Eintrag ist heute noch auf Wikipedia als Screenshot für AI zu lesen.


Kunstintertext

Wie sich Tron spielen könnte ohne Schnee oder Sand, zeigte eine Kunstaktion rund um den Künstler Gordan Savicic. Hier waren die Spieler mit einem Velo unterwegs, das ein Abrollband nachzog und es gab im Raster Pfosten, dadurch entstand dann tatsächlich ein 3D Labyrinth. Leider findet sich gerade nicht mehr viel online dazu. Hier noch eine Spur auf fm4 >

// ToDo: Bei Gordan nachfragen nach einem Link bzw. Bildern


Hustle 1977 – Multi- und SinglePlayerSpiel mit toxischem Körper

Technisch etwas komplexer ist Hustle. Dies ist gleichzeitig ein Multiplayerspiel und ein Einspielerspiel.

Die Werbung

Hustle – Multiplayerspiel

Das Multiplayerspiel arbeitet mit der Mechanik von Blockade bringt aber etwas neues ins Spiel. Es geht nicht mehr nur, um die Vernichtung des Anderen, sondern nun auch um zu fressende Ziele – zwei verschiedene Punkte. Daher vermutlich auch der Name. Es ist also gleichzeitig auch ein Auslöschspiel wie auch ein Konkurrenzkampf: Wer geht auf welchen Bonus? Und das ist jetzt neu: Die Wand erweitert sich nicht mehr unendlich, sondern ist wie ein Wurm oder eine Schlange. Sie ist in jedem Level verschieden lang für beide und funktioniert wie eine Wand.

Spielbar hier:

Der SinglePlayer erscheint noch komplizierter zu sein. Das Prinzip bleibt allerdings auch hier erhalten.

Single Player hier spielbar >
Buttons: Return (Start) und Cursor-Tasten
Achtung: Die Arcade hatte natürlich nie einen Joystick, sondern Keys in alle 4 Richtungen.

Hustle ist also letztlich ein Vorgänger von Snake. Hier gibt es fast alles bis auf die Spielmechanik, dass die Schlange/Trail länger wird beim Essen.

Snake Byte (Apple II, 1981)

Mit Snake Byte kommt 1981 erneut eine Entwicklung ins Spiel und dieses Mal auf einem Heimcomputer und dies erscheint kein Zufall, boomen diese doch und ermöglichen andere Arten von Gameplays oder andere Modis für bestimmte Gamemechaniken. Nun ist das Setting klar und erzählt eine Geschichte. Dazu kommt: Die Schlange wird länger bei jedem Leckerbissen. Damit kommt das Ursprungsprinzip zusammen mit den Ideen vom Hustle Nachfolger. Fressen wird also mit Länge oder Wachstum belohnt, was wiederum gefährlich wird. Hier beisst sich die Schlange tatsächlich irgendwann in den Schwanz.


Das Spiel ist dabei auch ein bisschen Mukokuseki und auf seine Art beliebig. Warum die Äpfel? Schlangen sind vieles, aber keine Vegetarier. Hinzukommt, dass man das Spiel auch mit Gegnern (Pflaumen) spielen kann. Warum die Pflaumen (weil die runterfliegen?). Dabei kann der Schlangkörper (bzw. muss) auch eingesetzt werden als Schutz gegen diese Gegner. Computerkulturelle Lesart – Apple


Gesellschaftliche Dimension

Nun kann nicht mehr gefressen werden, wie man will. Man wird länger beim Essen und das Gegessene wird zum Handicap. Damit ist Snake Byte ein Kommentar innerhalb der Gameculture und auch ausserhalb. Selbst PacMan darf nicht mehr einfach essen angesichts der aufkommenden Aerobic Wellte.

Hinzu kommt die Frage: Handelt es sich hier um ein Fetisch-Spiel? Hat diese Schlange einen Fetisch? Möchte sie gar Vegetariern sein? All würde dann auch perfekt zu den 80er Jahren passen. Diese These bestätitg auch das Titelbild: Der Apfel sieht im ersten Moment wie ein Apfel aus. Oder wird hier – noch bildungsbürgerlich – einfach die Geschichte von der Schlange und dem Apfel aus der Bibel weiter- und wi(eder)erzählt?

Interessanterweise erscheint das Spiel mit dem Apfel auch einem Apple und könnte auch gelesen werden als eine Geschichte, um den angebissenen Apfel

Das Spiel hinterlässt auf jeden Fall Fragen, die man mit verschiedenen Lesarten oder auch gar nicht beantworten kann.

Selbst spielen

Spielen kann man das Spiel hier:
https://archive.org/details/a2_asimov_snake_byte_with_title_screen

GameDev Snake

Auch hier gibt es wiederum die 2D-Playfield-Variante und die 1D-Listen-Variante. Dabei ist hier klarer, dass es sich bei der Schlange um einen Körper handelt. Dies also eher als zusammengehöriger Körper betrachtet wird, denn als Wände oder Spuren auf einer Fläche. Die meisten Programmierbeispiele arbeiten bei Snake eher mit einer 1D-Liste. Gerade auch das vermutlich kleinste 8Bit Snake scheint eine Liste zu nutzen.

Nibbler: Blockade/Snake x PacMan

Interessant ist ebenfalls noch folgendes Spiel, das vorallem von PacMan inspiriert worden zu sein, aber dennoch die Schlange auch noch aufnimmt.

Es ist quasie die maximale Variante vom gefrässigen PacMan – hier hat das Fressen eine Folge und ist nicht wie bei PacMan folgenlos. In diesem Sinn ist Nibbler nähe an der entstehenden Body-Showing-Zeit als PacMan.

„Handy“Games – Wenig Ressourcen

Snake Games waren auch auf den ersten Mobile Phones sehr beliebte Games. Sie sind wie oben gezeigt, wenig Voraussetzungreich (im Minimum Schwarz/Weiss) und benötigen keine Extra-Hardware wie Sprites oder Grafikprozessoren. Und sie benötigen nicht unbedingt Levels sondern können wie Endlos-Runner ewig gespielt werden.

Heute

Heute scheinen die Snake-Games nicht mehr wirklich so hoch im Kurs zu sein.
// ToDo: Check Snake-Games im MobileBereich
// ToDo: Beispiel SizeCoding

Implementationen

Man ist fast geneigt zu sagen, dass die zwei Spiele Blockade/Tron auf der einen und Snake auf der anderen Seite anders implementiert werden. Das erste eher per Playfield, das zweite eher per Liste. Dies würde erklären, warum es eher wenig Crossovers gibt, also Snakes mit Hindernissen und nicht nur einem Apfel und natürlich umgekehrt auch. Warum sollte man alles als Einzelblöcke implementieren.

Wie diese Situation historisch gewachsen ist, wäre auch interessant zu sehen, da hier gerade die 2D-Tile/Playfields gratis auf 8Bit zur Verfügung standen und man dafür nicht viel tun musste. Gerade die Hardware von Gremlin deutet eher auf diese Version der Geschichte hin. Sobald jedoch fast alles virtualisiert war mit den 16/32Bittern, konnte das nicht mehr helfen. Auch braucht man für Snake Byte optional auch noch Sprites.

Die meisten Implementation beschränken sich allerdings auf die Schlange und die Äpfel.

Alles in allem bleibt Blockade/Tron/Snake eine Ressourcen freundliche Spielmechanik bis heute. Ein bisschen mehr Innovation wäre jedoch gut, um das Spielkonzept wieder mehr ins Spiel zu bringen.

// ToDo: Suchen von OrginalSourceCode.

Persönliche Bemerkung

Persönliche Bemerkung: Ich fand persönlich immer, dass die Tron-Spiele wie auch das Snake-Game nicht viel miteinander zu tun hätten. Für mich waren das TronSpiel etwas, wo eine Mauer beim Fahren entstand, während beim SnakeUniversum es keine Wände waren sondern eher ein Körper. Dennoch war die Spielmechanik doch einigermassen verwandt. Historisch sieht die Sache natürlich anders aus und wurde auf derselben Hardware weiterentwickelt, wobei die Frage der technischen Umsetzung (beides dieselbe Programmierung oder unterschiedlich?) immer noch unklar ist.

Snake-like-Games im Confoederatio-Ludens-Korpus

Im CHLudens-Korpus gibt es soweit bekannt nur ein einziges „Snake-like“ oder besser Tron-Game und auch das ist nur ein Prototyp für den Atari ST.
// ToDo: Check Corpus

Weitere Fragen

Warum nahm das Interesse an Snake-Like Games ab. Und ist das wirklich so, dass es kein beliebtes Genre mehr ist?

Intertext

https://allincolorforaquarter.blogspot.com/2015/09/the-ultimate-so-far-history-of-gremlin_25.html

// ToDo: Einbau https://achtungkurve.com/etc

BlogPost-Motivationsdesign

Dieser Text entstand auch als Recherche für eine Tron-Variante für ein Plottergame im Rahmen von CHLudens und der Frage, was kann man alles mit PaperDisplays anfangen oder was hätte man* in den 50 Jahren+ so machen können mit dem Konzept.

Mehr dazu hier >


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