Das IndependentGameFestival (IGF) und die Schweizer Games in Frisco

Das IGF (www.igf.com) ist dieses Jahr gleichzeitig grösser und kleiner geworden. Statt Awards für IndependentGames IGF (Konsolen/PCs etc) und einem IGFMobile (Handhelds und Mobiles) gibt es dieses Jahr nur noch einen Wettbewerb mit allen Devices. Diese vordergründige Nicht-Mehr-Unterscheidung  zeigt an, dass die Mobilespiele grafisch wie inhaltlich aufschliessen.
Die zunehmende Konkurrenz der Mainstreamindustrie
Allein die Portierung von Unreal auf das iPhone unterstreicht diese Bestrebungen einer Industrie: Die mobilen Plattformen sind Teil der Strategie auch der Grossen geworden. Das heisst, es gibt weniger Möglichkeiten für die kleinen Indies, etwa auch im AppStore. Die Party könnte vorbei sein, bevor es richtig los ging. Es geht zunehmend um Werbung und Bewerbung – nicht gerade ein Spezialität der meisten Indies. Dabei gehen natürlich immer öfter auch die Mobile-Devices-Spezifika verloren, die etwa lokative Games auf mobile Devices anbieten. Es gibt zwar nach wie vor Mobile-Awards am IGF, doch (auch das wurde in den letzten Jahren klar) für neue Konzepte interessiert man sich hier weniger, mehr dafür, dass die kleinen wie die Grossen aussehen. In diesem Sinn ist dieser Schritt bedauerlich aber auch logisch – denn das Spiel geht natürlich auch umgekehrt von den Grossen zu den Kleinen.
Die Indieszene oder die Konkurrenz von circa 400 Spielen
Mit dieser Zusammenlegung sind fast 400 Titel eingegangen. Die Studentsawards sind hier ausgenommen, sie werden auch dieses Jahr wieder selbständig geführt. Die Einreichung erfordert 99$ Anmeldegebühr (gibt also immerhin fast 30 000$ Umsatz fürs IGF), ein Produkt zum Uploaden (per FTP oder freigeschaltete Keys), allgemeine Angaben, sowie einen Video. Schon ist man dabei.
Die Durchsicht der eingereichten Titel ergibt wie jedes Jahr ein gemischtes Bild oder anders gesagt, zeigt  auf, wie die Szene (die bereit ist 99$ auszugeben und Awards nicht grundsätzlich schädlich finden) im Indiebereich aussieht: Sie ist sehr heterogen. Mehrheitlich sind die Spiele im Bereich „Wir wollen ein Spiel machen, das wir kennen aber besser“. Dieses alte Konzept „Man lernt von den Meistern und arbeitet sich hoch“, wird vor allem im Bereich Grafik betrieben und beim einen oder anderen Game im Bereich Gamekonzept.
Innovation als Alleinstellungsmerkmal?
Das dies längerfristig gegen die Grossen nicht aufgeht ist klar (es gibt natürlich auch die Strategie aufgekauft zu werden), denn diese bestechen gerade dadurch, dass sie in der Lage sind den Einheitsbrei für ein Einheitspublikum gerade richtig aufzubereiten, zu bewerben und am Markt durchzusetzen. Viele Spielentwickler verwenden das IGF natürlich auch um auf ihr Spiel oder ihr Label aufmerksam zu machen. Und eher wenige Spiele – so um die 10% gehen wirklich – einen eigenen(-ständigen) Weg sei es grafisch oder vom Gameplay her. Wobei inzwischen auch die Retrografiken ein alter Hut ist, was allerdings nicht heisst, dass sie nicht immer noch gut ankommen. Im Rennen sind – auch die Mainstreamindustrie scheint das IGF zu entdecken – vermehrt auch gestandene Mainstream-Gamedesigner, die ihre eigenen „Indie“-Ideen“ zeigen, daneben gibt es viele schon „Preisträger“ oder „Nominierte“. Es geht anscheinend wieder vermehrt um Street-Credibility. So fällt dann bald auch der Beruhigungssatz zu diesem Thema im offiziellen IGF-Text auf:
„In fact, history has shown that some of the most notable and award-winning games — from Audiosurf through World Of Goo and beyond — were relatively unknown at the time of their submission, so indie game aficionados should carefully browse all titles to find the many hidden gems.“
Wer sowas schreibt, hat längst begriffen, dass der Zug in eine andere Richtung rollt und dass es längst darum geht, dass schon mal nominierte und grössere Studios den früher eigentlichen „Indies“ zusetzen und die Frage aktueller denn je ist: „Was ist ein Indie? Sind Firmen mit 10 Arbeitern noch Indie? Wo beginnt Indie und wo hört es auf? Gehört zu Indie eine eigene Idee oder reicht ein eigener Grafikstil? Muss Indie gar polished sein? Was sagt es aus, wenn etwa Fieldrunner mit keinem eigenen Gamekonzept bei IGFMobile gewinnt wie vor 2 Jahren?“. In diesem Sinn sind als Konkurrenten auch schon Spiele dabei, die es in fast jede Zeitung gebracht haben wie Minecraft oder Amnesia. Die Frage bleibt aktuell – Indie oder nicht mehr oder schon Mainstream?
Schweizer Beiträge
Als erstes muss man feststellen, dass immer noch viele Schweizer das IGF nicht unbedingt dafür benutzen ihre Spiele zu promoten. Vielleicht kommen beim Studentsshow-Case noch einige dazu. Es fehlen allerdings einige wichtige Spiele aus der Schweiz, angefangen bei Spielen wie Orbital bis hin zu verschiedenen guten Bachelorarbeiten der ZHDK. Dennoch sind die 5 vertretenen Spiele in ihrer Art jeweils sehr speziell.
Colorbind (iPhone)
Ein neuartiges Puzzlespiel von Daniel Lutz bei dem man farbige Punkte mit farbigen Faltbändern verbinden muss. Wer es noch nicht hat auf dem iPhone, einfach die Lite Version downloaden. Und los geht es.
http://nonverbal.ch/colorbind.html

Krautscape (Win/Mac)
Ein Multiplayerspielracinggame. Die Innovation dabei: In der Poleposition gestaltet man  den Track und mus nun versuchen den Track durch Sterne zu bauen. Inspirierendes Gameprinzip. Gamedesigner werden dabei arbeitslos. Download und spielbar auf Win oder Mac immer vorausgesetzt  man ist nicht alleine.
www.krautscape.net

Spoing (Facebook und bald iPhone)
Ein Actionpuzzler von Games2Be. Bringe die Kugel von einer Stufe zur nächsten.
http://games2be.com/projects/spoing-demo/

Laichenberg (Win/Mac)
Laichenberg ist ein Egoshooter mit einem Defekt: Die Laichen (Frags) verschwinden nicht, wie bei anderen FirstPersonShooter. Nach einigen Minuten kann man sich dann auch folgerichtig nicht mehr bewegen.
laichenberg.and-or.ch


PlanetPlush (Win/Mac bald iPhone/iPad)
Ein neuartiges Puzzle Game. Der Spieler muss in Kugeln gefangene Weltraumsiedler  befreien. Dabei kann er die Planeten skulpten das heisst verändern und so die immer wieder runterstürzenden Siedler in die Kristalle lenken. Das vorgestellte Spiel ist in einer Beta-Phase auf Win und Mac spielbar und zeigt vorallem das Gameplay. Eine taktilere iPhone/iPad-Version ist in der Entwicklung.
http://www.planetplush.ch

Falls ich jemanden vergessen habe, einfach kurz melden. Für die anderen gilt „Hals und Beinbruch“ für die nächsten Monate und ein gutes Marketing und Updating während der nächsten IGF-Monate (Games dürfen upgedatet werden).