Die Angst am Ende von Tron 2.0 ist einfach und (zumindest fiktional) „klar“: Es stehen Tausende von (rot leuchtenden) Programmen bereit sich in die reale Welt zu materialisieren. (Wie oft diese Art von „Kommunismus“ noch in Filmen an die Wand gemalt wird, werden muss – wissen allein die rechten und linken „Think“ Tanks der USA). Das ins Digitale geklonte und nicht gealterte (und schlecht gerenderte) Alter-Ego führt diese Revolution an. Das perfekte Digitale will raus und nicht nur Sklave sein, sondern herrschen! Der vor 20 Jahren geklonte Alter-Ego will seine Programmzyklen auch in der Realität anwenden. Um Realität zu werden, lockt man den Sohn des Protagonisten Finn des ersten Teils in die digitale virtuelle Welt. Für 8 Stunden ist der Kanal auch wieder für den Rückweg offen.
Und hier hätte der Film spannend sein können, wäre er der Frage nachgegangen, was Programme in unserer Gesellschaft sind? Wie bedrohen sie uns?
Wie ist das Verhältnis von Digitalem und Realem heute?
Der erste Teil von Tron hatte hier interessante Vorarbeit geleistet, zeigte er doch die Verquickung von Firmenstruktur und Software (Betriebssystem) auf. Wer die Macht hat (wer root-User ist), kann alles kontrollieren, kann geistiges Eigtentum (die Spiele) überschreiben und entwenden (den amerikanischen Traum). Diesem Trail folgt der Film überhaupt nicht mehr – stattdessen reitet der Film im Virtuellen harsträubende Storylines zu Tode.
Da geht es etwa um ein digitales Wunder: Eine digitale Rasse soll sich von selbst entwickelt haben: Sie ist besser und intelligenter als die menschlich geschaffenen Programme. Diese Rasse soll anschliessend auch wiederum vernichtet worden sein (Sogar das Wort Völkermord wird gebraucht). Eine (der wenigen weiblichen Protagonisten) der letzten dieser Art wird auch ins Reale an der Seite des neuen Helden hinübergerettet. Was ihre Intelligenz ist, bleibt im virtuellen Dunklen (wie so vieles).
In der Art der Produktion ist TRON 2 auf der Höhe der Zeit: Es regiert Copy&Paste (Clonen) von der Story über die visuellen Effekte. TRON 2 ist eine Aktualisierung des TRON-Stoffes auf bescheidenem Niveau angehäuft mit visuellen Zitaten. Es entstand – anders als der erste Teil – kein eigener Stil, es handelt sich vielmehr um ein Mix aus Star Wars (Gleiter, Flugszenen, Stableuchtwaffe, Waffen), Matrix (das Düstere vor der Stadt, die Einrichtung), Odysee 2001 (Design ) und Tron, Tron,Tron etc. Auf der Ebene der Story fällt die Geschichte ebenfalls weit hinter den anderen spannenden Filmen etwa WELT AM DRAHT (Fassbinder 1964, WELT AM DRAHT als DVD >) und der Kopie 13th Floor zurück. In diesen Filmen ging es um die Frage, ob wir nicht selbst schon in einer Simulation leben (was Matrix wieder aufnahm).
TRON 2 geht solchen Fragen gar nicht erst nach, sondern sperrt das Virtuelle im Computer ab. Die ganze Story ist eine Art Spiel im Computer ohne Rückfluss ohne Folgen im Realen. Deswegen wird letztlich auch die Verbindung nach Draussen gekappt. Der verwöhnte Sohn von Finn kann nun die Firma seines Vaters verwalten in eine gute Zukunft (er erbt und eigene Skills braucht er dazu natürlich keine). Die Armee der Programe und Prozesse ist eingesperrt in diese Welt der Spiele, die unentwegt prozessiert werden.
Software heute: SAP und Workflows
Dabei ist klar: Wir sind heute – anders als bei TRON (1982) – gefangen und umgeben von diesen (softwartechnischen wie auch sozialen) Programmen. Wir passen unsere Strukturen an Software wie SAP an, statt dass die Software für unsere Bedürfnisse geschrieben wird. In den meisten Firmen werden Programme abgearbeitet, Workflows prozessiert, etwa in Konsultingfirmen wie McKinsey. Die Soldaten dieser „roten“ Softwarearmee wandert also schon längst auf verschiedenen Ebenen unter uns. Hollywood hat mit TRON 2 nichts anderes getan, als einen Traum geschaffen, der verdeckt, was längst passiert und wovon wir ein Teil sind.
TRON 2 ist eben eine nette Unterhaltung, ein Spielchen, ein Film für die einfachen Programme unserer Hollywood-Gesellschaft.