Analoge Virtuelle Realitäten (AVR) wie Zoos, Museen und Co

Wer eine Zoo besucht oder ein Museum, dem wird schnell klar, dass er/sie/es/*/ai sich in einem Magic Circle befindet und eine Rolle hat. Der Möglichkeitsraum (der Regeln) ist klar (Agency): Die Wege sind eingeschränkt und der Spieler* muss keine Angst haben (PacMan auf Sightseeing), die Rituale klar. Dabei sind da gefährliche Tiere vom Elefant bis zum Wolf. Der AVR-Spieler* kann auch erwarten etwas zu sehen – denn so ist es angelegt, so ist das Motivationsdesign: Suche und finde die Tiere. Im Fokus der Belohnung stehen die ‚besehbaren‘ und teilweise ‚betatschbaren‘ Tiere. Gerne Exotisch und viele. Und wenn sie nicht wollen, kann man in ihre Höhlen gehen und hinschauen – manche auch anfassen oder ihnen beim Schlafen zu sehen (Rueckzugsorte). Nachaktive Tiere sind besonders schwer vermittelbar und haben es in ihrer Sozialisierung als Nutztiere auch nicht besonders weit gebracht.

Analoge Virtuelle Realitäten – mehr als nur ein Regelset

Dieser Magic Circle der Zoos und der Museen ist aber mehr als nur ein Regelset, wie wir es in klassischen Spielen kennen. Es sind analoge (Objekt-)Regeln, die hier installiert (Wände gebaut, Stellwände aufgestellt) wurden. Anders gesagt: Es gibt hier Dinge (etwa Tiere) aus anderen Welten, Objekte aus anderen Welten, Menschen aus anderen Welten, die man hier her verpflanzt und eingeschlossen hat. Wobei das alles auch schon dasselbe sein konnte, wie die perversen Völkerschauen etc. auch schon demonstrierten.

Es handelt sich – gut sichtbar im Zoo – um Welten, die durch Grenzen als analoge virtuelle Welten erscheinen. In einem Zoo gibt es ‚Habitate‘, der Versuch auf kleinstem Raum Affen zu zeigen in einem Affenhabitat oder anders gesagt in ihrer eigenen Welt und Zusammenhänge. Ein Auszug aus dem Rhizom oder der mille plateaux des Affenseins. Der Zoobesucher* geht oder wird gerollt durch 20 Habitate auf 200 Meter Strecke. Ein an und fuer sich abstruses perverses Unterfangen. Interessant, dass hier (soweit bekannt) nie die Diskussion aufkam, ob die „Seele“ da mitkommt – denn wie soll man/*/ai ernsthaft diese Habitate, eigenen Zusammenhänge, ökologischen Nischen ‚verstehen‘? Dass die „Seele“-Probleme hat mit den unterschiedlichen Welten (Regelsystemen) sieht man an der Kuenstlichkeit etwa des Essens: Wo und wann essen etwa die brutalen Carnivoren? Wo wird der visuelle blutige Horror abgebildet? Ja, das brutale Essen bzw. Abschlachten findet am Morgen oder am Abend nach den Oeffnungszeiten statt. Naturgerecht sind nur Lebendfuetterungen. Und wehe – wie in Zoos schon vorgekommen – es passiert mal frueher und man sieht Löwen* beim Schlachten von x-Kaninchen auf engstem Raum. Das ist dann viel Arbeit fuer das Care-Team. Der Zoo ist also eigentlich an den Menschen und seine Gewohnheiten angepasst. Er ist der, der auf den Wegen durch den Zoo „lebt“. Praktisch alle Kinder* werden so sozialisiert (Abgesehen vom Zoo als Institution, die von Menschen betrieben wird).

Und so geht der Besucher* denn auch durch den „Tierpark“: Da leben oder lebten Eisbaeren neben Löwen. Das ist im besten Sinne des Wortes ein analog kybernetischer Raum, ein Kontrollraum. Hier wird (und dies wurde auch schon mehrfach historisch diskutiert) auch Macht dargestellt und gezeigt, man bringt die Aussengrenzen von Imperien in sein Zentrum, demonstriert macht. Es ist nur eine Frage der Zeit bis wir auch Zoos fuer AIs (AI Zoos) haben werden. Wo wir gaffend zuschauen, wie statt Tieren, Menschen nun unsere letzten – digitalen – Sklaven fuer uns arbeiten. „Seht her, dies können bzw. beherrschen wir.“ Wobei die Frage ist, wer dieses Wir ist. Eine Person, eine System wie eine Gruppe, eine Gesellschaft? Vielleicht ist auch bald das umgekehrte der Fall „Seht her, Menschen.“.

Museen

Museen zeigen diese Art der Macht noch viel radikaler, da sie sich nicht hinter ‚herzigen‘ Tieren verstecken, aber sehr ähnlich funktionieren, aber eigentlich Teil derselben Bewegung und Machtdemonstration sind etwa von Kolonialisierung. Ein Reentry des Systems und der Systemgrenzen.

Wer einmal das Glueck oder Pech hatte, das British Museum in London zu besuchen, wird dort genau das vorfinden: Kulturobjekte nebeneinander, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Die mehrheitlich gestohlen, geraubt und einverleibt wurden. Orte die Macht durch virtuelle analoge Zusammenstellung zeigen. Sie zeugen von der Macht, Dinge zusammenzubringen und aus ihrem Kontext zu reissen. Die Macht von Macht. Die Extension Macht (in Anlehnung an McLuhans Extension Begriff) als Möglichkeitsraum zeigt hier, zu was das perverse British Empire fähig war und noch ist – denn die Dinge stehen immer noch da, das Empire zahlt immer noch keine Miete fuer das Ausleihen der Artefakte oder gibt sie zurueck – und wir Touristen machen sich immer noch alle mitschuldig. Und so sagen die Zusammenstellungen mehr darueber aus, was unsere symbolischen Ordnungen sind. Wer am Ende auch noch den Raum zu „Enlightment“ entdeckt wird dann auch herausfinden, dass die Aufklärung einen hässlich kolonialen Aspekt hatte oder gar deren finsteres Herz war – zumindest in ‚Great Britain‘.

Kunstmuseen

Das ist auch bei Kunstmuseen natuerlich nicht anders. Diese sind ebenfalls Machtdemonstrationen, sind der Versuch zu sortieren, einzuordnen und unterzuordnen. Sie sind Teil der gesellschaftlichen Reproduktion – analoge Virtualitäten im Sinne von total kontrollierten Orten – hier sperrt man ein und virtualisiert es. Und das selbst dann, wenn viel Kunst gerade fuer diese toxischen Orte produziert wurde. Kunst wird hier als Kunst fuer virtuelle kybernetische Orte konstruiert. Hier trifft Innis Theorie von kommunizierender Architektur auf Foucaults Diskussionen der Macht.

Cyberspace vs (Analoge Virtuelle Realität vs digital Virtuelle Realität)

Der Cyberspace ist der total kontrollierte Raum – er besteht aus Regeln. Hier ist alles möglich. Analoge Cyberspaces gibt es nicht so viele – da sie Aufwand bedeuten – gegen die analogen Gesetzlichkeiten funktionieren. Vergleich hierzu „Specular Space“. Ein interessantes Beispiel, das viel davor und danach aufnimmt ist Matrix Pong. Es handelt sich dabei um einen auf Menschen laufenden analogen Cyberspace (Die Leute sitzen im Raum als Kamera. Das Vorgefuehrte ist Teilen der Physik enthoben) bzw. virtuellen Realität (In der fiktiven Welt gelten die realen analogen Regeln).

Dagegen beziehen „Virtuelle Realitäten“ ihre „Mächtigkeit“ aus ihrer Fiktionalität gekoppelt an geborgte – meist leicht gewandelte – Gesetzlichkeiten. Dinge also die ‚wir‘ kennen, auf die wir teilweise sogar genetisch ausgelesen (Evolution) sind (etwa 3Dimensionalität oder physikalische Gesetze (Gravitation)).

Der Vorteil des Imports von ‚Real‘-Regeln ist, dass sie klarer sind – im Sinne von schon gelernt. Und so waren dann auch Spiele wie Myst einfach den Leuten zu vermitteln – dieselben visuellen physikalischen Regeln. Virtuelle Welten sind fast immer als weitere Extension der analogen Welt zu sehen und damit konsumierbar. Konsum und Kontrolle ist dabei das A und O dieser analogen virtuellen Welten. Denn und das ist nicht zu vergessen, sie sind gefährlicher – man kann sich im krassesten Fall auch einfach verletzten.

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