FALLOUT SERIE – nicht viel, was da vom Himmel fällt ausser „Sieh, was die Oberfläche aus uns macht“ und „Am Ende gewinnt das Management“

Achtung, dies ist ein Totalspoiler! Aber nur so schadet man dem Value einer Firma die funktioniert wie das Management von Vault-Tec: Profitoptimierung. Ein endloser Kreislauf der Ökonomisierung.

Die sehr erfolgreiche Spielserie Fallout ist verfilmt worden. Dabei – und das wird immer vergessen – ist dies ein Medienwechsel. Es ist ein anderes System mit anderen narrativen und nicht-interaktiven Mechaniken und vorallem einem völlig anderen Intertext. Was in einem System aussergewöhnlich ist, ist im anderen Alltag oder gar banal und umgekehrt.

Seit Anfang der digitalen Spiele ist diese Transposition vom Game zum Film ein selten glückliches Ereignis. Dabei wäre die Frage noch zu klären, gab es auch Brettspiel zu Filmadaptionen? (Monopoly und vermutlich müsste man Dungeon&Dragons auch hier führen).

Was ist bei FALLOUT SERIE schief gelaufen (wenn man nicht gerade ein Fanboy/Fangirl/Fan* ist)?

Der ‚zynische‘ Humor von Fallout funktioniert in der Art „gut“ im Game, in einem Frame, das immer naiv ist. Im Game kann sowas funktionieren. Wir schlüpfen als Spielende ja geradezu in eine neue Welt, die wir nicht kennen. Derselbe Humor im Film konkurriert aber mit ganz viel gut schon inszeniertem Humor in 100 Jahren Film und Serien. In der Serie dominiert Splapstick-Witz: Es passiert A und danach passiert das Gegenteil -A, meist mit einer hässlichen Szene und dann kommt der Spruch dazu. Dann sollte man* lachen.

In einem Game gibt es Enviromental Storytelling, in zynische kleinen Szenen und Unlogiken und Nicht-Kohärenz wird in Spielen verziehen. Es ist ein netter Magic Circle. Hier sind die Leute glücklich, wenn es ein bisschen Storytelling gibt, das irgendwie interessant ist. Dabei gibt es auch nicht so viel Konkurrenz bei grossen GameBlockbustern wie The last of us. Im Film Bereich ist die Konkurrenz auch bei ernsthaften Auseinandersetzung mit Atomkrieg und Postapocalypse noch viel grösser als im Gamebereich.

FALLOUT SERIE – erzählen auf mindestens 2 Ebenen – 196x + 206x

Die FALLOUT SERIE erzählt auf mindestens 2 Ebenen. Der Zeit vor dem Atomkrieg und der Zeit 200 Jahre nach dem Atomkrieg unterteilt in 2 Biome. Die, die in der verseuchten Zone an der Oberfläche leben und die, die in Bunkern sogenannten Vaults leben, gebaut von Vault-Tec. Die Hölle oben, die angeblich schöne Welt unten in kleinen Dörfern als Bunker, die dort aushält, um bald an die Oberfläche zu können. Amerika der 60er Jahre mit Maisfeld im Kern auch als Dorfplatz. Digitaler FilmBiedermeier vieler Parteien inszeniert. Alle gelangweilt oder glücklich.

Die lineare/linearisierte Geschichte

Was im Film – wie heute üblich zerhackt erzählt wird, weil der Content oft nicht besonders interessant ist – ist eigentlich banal aber ungeheuerlich. Schliesst aber an die existierenden Diskussionen an, angefangen bei der Rede vom Militärisch Industriellen Komplex (Eisenhower) bis hin heutigen Konzernen, die Weltweit die Menscheit ausspioniert haben (Snowden) mit Regierungen zusammen.

1960 ist die Erfindung der Atombombe noch jung und bedroht über die verschiedenen Mächte die Welt. Ein erfolgreicher weisser Cowboy Darsteller lebt mit seiner (People of Color) Ehefrau zusammen, hat ein Kind (oder wird das erst später geboren?). Diese Frau arbeitet im Management von VaulTec. Diese Firma baut die Atom-Bunker.

Auf Anregung einer Kommunistin A horcht er seine Frau aus und findet heraus, dass diese mit ihren Kollegen von anderen Firmen sich verschwört und darüber nachdenkt, wie man den Gewinn steigern könnte.

Eine kommunistische Frau hat auch gerade die kalte Fusion entdeckt und Vault-Tec hat das ganze eingekauft und eingestanzt. Dabei war die emanzipierte Cowbow-Frau dabei.

Die Bosses kommen zum Schluss, dass sie Vorherr(!)schaft (keine Konkurrenz) und Gewinn am besten erreichen mit Atomwaffen und die Zeit danach. Sie ‚überwintern‘ im Kryoschlaf und überwachen/managen immer wieder diese Vault-Tec-Bunker. In den jeweiligen Bunkern von denen es über 100-1000? vorwiegend in den USA gibt, könnten auch Experimente gemacht werden: Communities von Wissenschaftlern vs Communities von Zufriedenen etc.

Selbstverständlich ist dieser Stoff sehr bekannt im Filmbereich und reicht von Familie im Atombunker über Dr Stranglove bis zu Silo oder nicht zu vergessen Oberflächengeschichte wie dem Omega-Man etc. Ein gut mit Filmen ausgestattes Thema, das einfach nach 89 leicht in Vergessenheit geriet, bevor sich die Gameindustrie darüber hermachte (FALLOUT 1 1997 – die Homecomputerzeit war vorbei – die PC Industrie erfand einen neuen Stil – härter und nicht mehr nette Arcade eher Arcade House of Death 1996).

Interessant scheint – da einzig noch die Idee mit den verschiedenen Experimenten und dem Einfrieren von DorfCommunities. Wenn man auch hier sagen muss: Der Kapitalismus (als Regelsystem) hat in seiner Globalisierung ja gerade die Experimente weltweit ausgeschaltet, um jeden Wettbwerb um System-Ideen auszuschalten ab 89. Vergessen wird hier übrigens auch, dass die Experiment wie Biosphere I-? (autarke Systme) nie funktioniert haben in der Menschheitsgeschichte. Aber dies ist alles kein Problem, die Atombomben werden gezündet (Vaul-TEC) und die Menschheit an der Oberfläche dezimiert (die Konkurrenz ausgeschaltet) und die Vault-Tec-Bewohner* vermehren sich 200 Jahre lang bzw. halten ihren Bestand. Exponentielles Wachstum ist in Bunkern sehr gefährlich. Einzig sogenannte Ghuls – mehr oder weniger Zombies überleben. Der Cowboy-Schauspieler ist ein Ghul. Seine Maske wirkt sehr aufgesetzt. Er ist 200 Jahre auf der Suche nach seiner Vault-Tec Frau und seiner Tochter.

Die Welt an der Oberfläche nach Atomkrieg und/oder Katastrophe wurde auch in vielen Filmen beschrieben von Planet der Affen über MadMax bis zu vielen Zombiefilmen. Zerstöre Welten, irre Persönlichkeiten. Wir kennen sie alle. FALLOUT ist da eher unterdurchschnitt (die Dörfer sind so platt ausgedacht, immer dieselben „Analog-Assets“, Comic ohne Background) und wärmt das auf. Das ist im Game kein Problem. Im Film allerdings ist es dann eher peinlich, bekannte Zitate schauen zu müssen, ohne dass es ein Tarantino-Film mit dieser Methode ist. Fanboys und Girls mögen es lieben. Wenn auch gerade der Krieg in der Ukraine das Thema wieder defiktionalisiert nach 89. Konkret im Film: Man* kämpft sich durch stupide Dialoge. Aber eben, das meiste ist nur Zitat vom Zitat oder eher: Kopie der Kopie. Was natürlich nicht so schlimm ist, wenn man den Intertext nicht kennt.

So nun 200 Jahre später ist das Leben zurück an der Oberfläche. Es herrschen noch verblöderte Personen an der Oberfläche als wir es in vielen Filmen der Postapokalyspe schon kennen und die unter Erde sind noch bescheuerter – gezüchtet? (So blöd war die Menschheit noch nie).

Eine Stadt ersteht wieder – Shady Sands. Die Kommunistin (vermutlich auch aus dem Tiefschlaf) baut es mit einer Frau Betty (Auch Management) geflüchtet aus einem Vault auf (vermutlich Liebende).

Das Management konkret – das immer überlebt (im Cryptoschlaf – die Metapher ist für einmal gut) – nuked dann diese Stadt wieder zurück (Bilder wie aus Akira) und so kann der Fallout weitergehen. Auch hier ein bisschen Metapher. Dabei überlebt ein Mann (People of color) in einem Kühlschrank (oh das kennen wir doch) und tritt einem Orden bei als Kadetten. Diese beherrschten mal das ‚Ödland‘ und haben auch noch Exohüllen als Kampfanzüge genannt Ritter (Exoskelette), Luftschiffe und Kampfhubschrauber (Viele Szenen aus dem Vietnamkriegsfilmen ’nachgeahmt“ und jämmerliche Versuche wie FullMetalJacket zu sein). Dabei sind auch hier fast alle ausnahmslos bescheuert. Dabei ist Intelligenz nicht etwas, was selbst mit Strahlung einfach verschwindet in 200 Jahren.

Die Kommunistenfrau (nun der Widerstand, die Anführerin) von damals will nun ihre Erfindung zurück (um unendlich viel Energie zu haben) und ihre Stadt wiederbeleben. Dafür bricht sie in das Vault 33 ein in dem der Mann von Frau Betty wohnt, tötet viele und entführt ihren Mann – ebenfalls Management (und 200 Jahre alt). Er hat den Code, um den Fusionsreaktor zum Laufen zu bringen. Fehlt nur noch der konkrete Fusionsreaktor oder die Reaktionsmasse (unklar). Die Tochter will ihren Vater auch zurückhaben. Sie ist massiv naiv und stolpert ebenfalls durch eine recht öde aber noch recht gut erhaltene Welt (nach 200 Jahren!) durch die Welt. Funktioniert im Game aber eben nicht im viel analogeren Film mit Vergleichserfahrung alias Filmen. Hier stellt sich die Frage auch, ob der Film bewusst warmherzige und nette Leute verunglimpft.

Dieser Fusionsreaktor oder die Reaktionsmasse wird von einem Wissenschaftler mit Hund gestohlen und dieser will sie zur Kommunistenfrau bringen. Und er wird nun von allen gejagt. Der Cowboy heftet sich an die Fersen, der Orden heftet sich an seine Fersen und auch die Tochter. Diese trifft alsbald auf den Wissenschaftler, der ist bald nur noch ein Kopf ist mit Reaktionsmasse darin (Uhh erinnert stark an Romane von Gibson). Sie ist auf dem Weg zur Kommunistenfrau. Klar ein bisschen Simplizissimus und Heldenreise mit der Tochter. Auch wenn Simplizissmus von ganz anderem Kaliber ist.

Der Sandy Shades-Überlebende (People of color, ebenfalls massiv naiv und bescheuert – leichte Diskriminierung?) kann als Knappe bei einem Ritter auf der Suche nach dem Wissenschaftler mit und der Ritter verliert gegen einen schlecht animierten verstrahlten ‚Werwolf‘. Er entnimmt dem Exoskellet die Energiezelle, lässt ihn ersticken und übernimmt das Exoskelett und ist der neue Ritter. All diese Assets funktionieren in einem Spiel, auch die Wiederholung sind in einem Film aber viel zu rar ‚gesät‘.

Die Tochter trifft auf den fast unsterblichen Ghul-Cowboy und ‚gemeinsam‘ sind sie unterwegs. Die Tochter als Gefangene. Gemeinsam lernt die Tochter die Brutalität des Ödlands kennen (erkennt es aber nicht, weil sie so naiv ist und nicht lernfähig), trifft auf schlecht gemodellte Monster (Bitte schön, so nicht) etc. Und bald auch kann sich die Tochter befreien und trifft dann auf den Ordensritter. Liebesgeschichte.

Dann findet die Tochter die Kommunistin und übergibt ihr den Wissenschaftlerkopf, diese entzieht per Spritze (Spritzen sind wichtig) startet den Reaktor und die Stadt leuchtet wieder. Die Tochter erfährt nun alles – der böse 200 Jahre alte Vater, die Zerstörung von Shady Sands. Der Guhl-Cowboy sucht immer noch seine minderjährige Tochter und lässt den Vater mit Exoskelett entkommen, um ihm zu folgen. Die Vault-Tochter geht mit. Der Vater scheint in eine oberirdische Anlage von Vault-Tec zu wandern, aus der der Wissenschaftler entkommen ist.

Ende der ersten Staffel.

Moderne Diskussion: Gesellschaftsmodellierung

Wie auch Bioshock (eigentlich ein VAULT) thematisiert FALLOUT GAME und die SERIE die Perversion bzw. die Folgen der Ideologie der radikalen Marktwirtschaft und des Denkens dahinter. Und so ist der immer wieder gehörte Spruch im Film „Das Management überlebt“ fast schon einprägsam und löst die Ideen aus Dr Seltsam (ein Nazi) ab in Richtung Kooperationverschwörung, die nun die Oberschicht darstellt.

Dabei spielt die Serie selbstverständlich mit einer Idee, die auch marktwirtschaftlich vertreten wird, eine Art Evolution durch Markt oder der Markt als Evolution – hier vertreten durch eine Kooperation, die sich verschwört und darunter die vielen Vaults, in denen Gesellschaftsformen experimentell ausprobiert werden – wobei die Kontrolle weiter beim Management bleibt. Das Management bleibt unter sich.

Das Management – die neue böse Grösse – sagt dann auch mit dem Vater: „Sieh was die Oberfläche aus uns gemacht hat“. Damit wird +/- klar kommuniziert: Die Oberfläche macht die Menschen schlimm bzw. sie sind schlimm und hier liegt ein interessanter Moment, der sich auch in der Gesellschaft spiegelt: Der Alltag der meisten Leute ist brutal, nur wenn du in den Gated-Communities mit viel Geld lebst bist Du frei und hast es schön. Das ist eigentlich das Beste an der IP, sie verhandelt die Gegenwart, wie es die meisten SciFis schon immer getan haben. Damit wird gerade die USA mit ihren GatedCommunities in ihrer Bunkermentalität verhandelt. Etwas was selbstverständlich auch in Europa stattfindet, einfach sozialer versteckt.

Das Problem: das Ganze wird so ins Lächerliche gezogen, dass es eben nicht mehr als Kritik funktioniert. Es ist nur noch beliebiger Slapstick. Belanglos.

FALLOUT SERIE

Was im Game funktioniert, funktioniert in der narrativen Mechanik von FALLOUT SERIE überhaupt nicht. Im Game wird Stück für Stück die Welt erfahrbar, das dahinter wird – inszeniert – langsam erfahrbar. Diese Strategie funktionierte natürlich auch in Games mit der Umbrella Kooperation gut, die Defiktionalisierung dieser Welten aus den Games in die ‚filmische‘ Realität, scheitert dann aber eben an der Kohärenz und dem schnelleren Erzählen und visueller wie inhaltlicher Kohärenz.

Diese Kohärenz muss in ‚Realfilmen‘ viel grösser sein, viel stringenter. Und da zerfällt dann die Serie, da die Welt einfach unendlich unglaubwürdig wirkt. Die Welt ist immer dasselbe, Themen werden aufgegriffen (Rieseninsekten) – einmal und wieder fallen gelassen. Filme wie MadMax haben die postapokalyptischen Welten radikaler gezeigt, dagegen ist FALLOUT SERIE eine Lächerlichkeit an der anderen und es fehlt auch gänzlich an Figuren, die man mögen könnte. Es ist eine bewusste Abgrenzung etwa zu HBO Serien, wo man selbst die Bösen versteht, weil man das Dahinter nachvollziehen kann. Hier ist alles so oberflächlich und als Comic inszeniert, ohne Comic zu sein. Selbst der Ghul-Cowboy, der die Funktion hat, clever über die Zeit hinweg zu sein, ist nichts als schlechter Zynismus – seine Sprüche sind so abgedroschen und auch so ‚Management‘, dass es nicht ‚funktioniert‘. Er spiegelt ja auch das gute Amerika der Gründerzeit (Anders gesagt den Genozid an den Ureinwohnern). Die Welt der Filme ist halt kein Game, das sind 100 Jahre mehr Kulturerfahrung in Sachen Kritik. Und langsam beginnt man sich zu fragen: Ist das Spiel Fallout vielleicht viel ’schlechter‘ als man dachte?

Vielleicht ja, weil dahinter tatsächlich das Konzept steckt: Die Upperclass ist (zynisch, auch der Cowboy ist upperclass) clever und die Armen (an der Oberfläche) sind halt dumm. Und sie sind nicht nur dumm, weil sie es sich nicht leisten können aufzubegehren, sondern weil sie es sind. Sie sind nicht lernfähig. Das jedenfalls erzählt die Serie auf der Metaebene. Und ja das ist nur zynisch. Es ist letztlich die alte Fantasy – Faschismus Geschichte.

Und ja dann klicke ich weiter und schaue mir Spiele an, die das mit der Kritik ernst nehmen und nicht nur auf verkaufbaren Zynismus und das Management dahinter aus sind: https://www.molleindustria.org.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.