Tribut zwischen Bewunderung, Hochachtung, Abkupfern (Klones/Copy_cat) und Absatz?

Alles ist ein Intertext – das ist heute eine banale Feststellung und meint, dass alle Texte und damit auch Bilder miteinander verwoben sind in unterschiedlichsten Konstellationen. Sie bilden je nach Nutzung und Wissen wiederum eigene Plateauxs (Deleuze/Guattari) und eigene Bedeutung, aber am Ende hängen die Texte/Bilder/Töne – nicht zu letzt über die Gutenberggalaxis und seit 30 Jahren übers Internet/WWW – miteinander zusammen – im Bereich des WWW gibt es nicht nur wie beim klassischen Text Koordinaten (Titel, Ort, Zeit, Autor) sondern eine Unique Ressource Location (URL).

Sofort beginnt nun natürlich die Frage der Verhältnisse all dieser Texte. Wie stehen sie zueinander, was grenzt sie ab, wo ähneln sie sich, was entstand wo, wie, warum. Dies führt im kulturellen Kontext schnell zu wertetenden Auseinandersetzungen, geht es doch um Urheberschaft bzw. um die Frage, wer war zuerst da, wer hat die Innovation in die Welt gebracht. Siehe dazu auch Palimpseste von Genette.

Betrachtet man dann die Spiele als Intertext, ist schnell klar, sie sind massiv mit ihrer kulturellen ‚Umgebung‘ verwoben, sei es in die Allgemeinkultur oder wiederum in die Spielkultur. Und ihr Game-Intertext ist oft auch mehr als nur zufällig sondern bewusst gestaltet und bewusst sind Referenzen eingangen worden. Im obigen Fall ist klar – inspiriert bei Giger und Alien (Insekt, ausbrechendes Inneres, Schwanz etc) und anderen. Die Referenzen werden im Laufe des Spiels noch mehr.

„Abgekupfert, Kopie, Clone“

Aus heutiger Sicht wurde hier stark ‚abgekupfert‘ bzw. ‚kopiert‘. Das heisst es wurden Elemente genommen und direkt eingesetzt und milder: teilweise angepasst. Dabei bewertet der Label-‚Kopie‘, dass keine Eigenleistung vorgenommen wurde. Im vorliegenden Fall wäre es eine visuelle Kopie. Es sei also eine 1:1 Adaption des visuellen Stoffes.

Die Arcade, 8-Bit und 16-Bit Homecomputerphase ist in sich geprägt von dieser Art des „Abkupferns/Kopierens“ von einzelnen Objekten bis hin zu Malstilen, Settings und Spielmechaniken. Dies verwundert nicht, da eine der ersten Mainstream Verwertungsketten war: Von den Arcades zu den Consolen und Homecomputern. Und so wollten die Leute auch zu Hause, das spielen aus den Arcades. Die Industrie regelte das über die Ports. Deswegen entstanden auch viele ‚unerlaubte‘ Kopien/Clones, die keine öffentlichen Ports waren, einfach weil die Leute zu Hause spielen wollten. Langsam entstanden aber auch unabhängige Spiele – andere Spiele gerade auf Homecomputern etwa für die Tastatur oder dann Maus.

Aber selbst bei R-Type wird klar, dass R-Type mehr ist, als nur eine Kopie ist, es „kollagiert“ auch viele Dinge und webt es neu zusammen. So kommt die Mechanik aus der Mainstream Gamekultur und verwandelt sie mit dem neuen Setting zu ganz was Neuem.

„Tribute“ – Hochachtung

Für die Entwickler* damals (hier muss noch weiter nachgefortscht und noch konkreter gefragt werden) war es allerdings oft meist keine „Kopie“. Sondern ein „Tribut“ an die „wundervollen“ Demos oder Spiele. Es ist vielleicht sogar ein Zeichen der Zeit, dass die Dinge erkennbar blieben, dass also klar war, auf wen man sich bezog. Anders als heute, wo man versucht im gesetzlichen Rahmen zu sampeln. Ein Teil der Crack-Intros lassen sich auch so – als Akt des Bewussten zeigens, woher es ist – lesen. Es wird geschmückt mit den interessanten Inhalten wie etwa Music und Grafiken. Anders gesagt die visuellen Anleihen bzw. Zitate waren ‚Opfergaben‘ an die Vorbilder. Man* zeigte damit, dass man* ihre Welten faszinierend fand und letztlich Teile davon weiterverwendete. Intertext pure. Oder im besten Fall: Die Stoffe wurden weiterverarbeitet etwa im Fall von Giger und verändert. Sie wechselten das Medium und waren etwas Neues in diesem Feld der Games. Sie kamen damit als Innovation in den „Game“-Markt. Es ist die Hochachtung für das ‚Orginal‘ (// Zitate raussuchen von Gamedevs). Viele liessen es dann bei solchen ‚Quotes’/’Anleihen‘ bewenden. Aber immer ist die Frage da: Wie fügt sich das Entlehnte ein als Grafik, als Sound, als Spielmechanik. Es gibt hier verschiedenste Formen von ‚Aneignung‘ oder anders gesagt Nutzung.

Eine Möglichkeit von Integration und Neukonzeption nennt man auch Mukokuseki. Es ist die Art und Weise wie man Elemente aus verschiedenen Kulturen nimmt, zerhackt und sie wieder neu zusammensetzt zu einem neuen Stil.

R-Type ist ein gutes Beispiel dafür. Es verwendet Alien im Kern und meandert dann in verschiedenen anderen Welten und Systemen, liefert aber dennoch etwas ganz eigenes gepolishtes ab, etwas also, dass wiederum für sich alleine steht und auch so wahrgenommen werden kann.

Aber sicherlich war es auch nicht abträglich, dass Alien ein Erfolg war und man damit an die visuelle Kultur anschloss.

„Verschieden Kapitalien“

Anders gesagt, die verschiedenen Anleihen formten nicht nur einen neuen Intertext und verstärkten Verbindungen, sondern zahlten auch auf verschiedene Arten von Kapitalien ein (Neuigkeit, Innovation in Sachen Stil, Grafik, Audio, Spielmechanik etc) bzw. bedienten verschiedene Communities. Und im besten Fall waren dann SciFi Fans und Arcade-ShootemUp-Fans im selben Topf.

„Das Neue“

Wie schwierig es ist, Kopie und etwas aus einer Kopie entstandenes Neues zu unterscheiden, zeigt sich bei Turrican. H. sagte im persönlichen Gespräch einmal, dass Turrican eh nur eine Kopie von Oscar sei. Nun kann man tatsächlich die Gemeinsamkeiten zwischen Turrican und Oscar schnell erkennen.

Sehr schnell aber erkennt man auch die Unterschiede in Grafik, Music und Gamemechanik. Oder anders gesagt: Das Konstrukt Turrican ist etwas ganz Eigenes und erscheint damit auch als Neu und nicht mehr als Hybrid oder klar heranführbar an Oscar. Anbei die verschiedenen Versionen von Turrican.

Wichtig scheint zukünftig, dass genauer hingesehen wird, wenn es um Wertungen geht im Designprozess und dass auch die Designer* zu Wort kommen mit ihren Ansichten und Vorstellungen.

Dies ist im Gamedesign umso wichtiger, da hier verschiedenste Traditionen zusammenkommen vom Visuellen bis zum Coding.

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