Fantoche 2023 – Workshop: „How Animators and Game Designers work together“

vormals ‚Inbetween GameDesign and Animation‘

René Bauer & Sonja Böckler

Die Zusammenarbeit des Fantoches mit dem Gamedesign der ZHDK reicht zurück bis 2008/09 mit einer ersten Ausstellung des Studiengangs Gamedesigns ZHdK, Vorträgen (GameTalks) und waren damals das Erschliessen von Neuland. Inzwischen ist viel passiert und unzählige Ausstellungen (etwa Visual Playgrounds 2010, Spiel und Märliwelten 2010, Arcade Closed, Reopening Everywhere 2013, MoshiMoshi! 2014 und viele danach mehr etc), Talks, Filme (Angespielt 2010), Workshops haben am Fantoche stattgefunden im Bereich der Gamekultur. Später kamen eigene Festivals in Zürich (gamezfestival.ch oder ludicious) hinzu und verschoben den Focus in Sachen Game-Festivals nach Zürich. Das Thema Games ist inzwischen Alltag, wenn auch nicht an Kulturinstitutionen oder in den Medien (Die Festivals sind eingegangen, einzig das Endkundenfestival popcorn & game show hat überlebt. Medien behandeln Games kaum und schon gar nicht die Kultur- und Kunstseite der Games).

Idee, Philosophie (Strategie)

Den Workshop ‚Inbetween GameDesign und Animation“ gibt es spätestens seit 2009 in verschiedenen Varianten. Wichtig dabei war es, die Studierenden der Schweizer Gamedesignszene (spezifische GameDesign ZHDK) und die Animationszene (spezifisch Animation HSLU) an einen Tisch zu bringen bzw. sie dazu zu bringen zusammenzuarbeiten im Bereich Animation und Gamedesign. Dieses Jahr waren Studierende der ZHdK, der HSLU und der Filmakademie Baden-Württemberg dabei. Das Zusammenbringen hat sicherlich immer geklappt, viele interessante Projekte sind entstanden. Ob die Zusammenarbeit die Gesamtszene gestärkt hat, ist – neben einigen erfolgreichen Beispielen – unklar.

Örtlichkeit

Der Workshop fand nach vielen Jahren im Badener ‚Zwoi‚ in den Räumlichkeiten von Maybaum Film statt. Das ist eine Agentur für Videofilme, Animation und Mediaplanung, im Gebäude der Stanzerei (Merker Areal).

Themen & Strukturierung

Der Workshop 2023 wurde vor allem von Sonja Böckler (GameDesign ZHDK) geleitet und organisiert. Ausgehend von den Themen „Punk is not dead“ (Motto Fantoche 2023) und der Kritik von Designers Republic „Work, Consume, Buy, Die“ (siehe hier genauer zur möglichen Entstehung/Genese dieses Kapitalismuskritik-Claims)

Anhand dieser Themen wurde iterativ gearbeitet. Die Studierenden mussten im Brainstorming als erstes Sätze für ihr Thema und die Gamemechanik finden und diese immer weiter überarbeiten/’radikalisieren‘. Das Wichtigste war dabei Verben zu finden, die Aktionen spiegelten.

Danach folgte die Entwicklung eines OnePagers mit der grundsätzlichen Idee und eine Diskussion in der Gruppe. Und wiederum der Versuch die Konzepte zu radikalisieren und auch mit eigenen Erfahrungen anzureichern.

Danach ging es wie gewohnt über Paperprototypen zu einem technischen Block(oder Kugel)-Prototypen zum Endprotototypen. Hier einige Beispiele aus dem Prozess.

Paperprototyp:

Nachfolgend ein Prototyp in Unity.

Eine Punkfigur, ready für die Animation.

Selbstverständlich gehört zur Entwicklung von Games weiterhin neben der Animation auch Coding.

Neben dem konkreten Projekt waren die Studierenden selbstverständlich an Aperos, in Ausstellungen, an Filmvorführungen oder blickten beim gemeinsamen Mittagessen einnmal über Baden – nur so wird die historisch strategische Bedeutung von Baden klar.

Ein längerer Input von der Fachstelle für Sucht brachte zudem Einblicke in Suchtverhalten im Bereich Glückspiel und Online-Aktivitäten (Zusammenarbeit Casino Baden und Fantoche). Ein Thema, das selbstverständlich auch Gestalter* interessiert. Die Suchtprävention wünschte sich vorallem auch designte „Halts“, wo Spielende darauf hingewiesen werden, wenn sie schon sehr lange spielen – etwa mit Dialogen: „Willst du wirklich noch weiterspielen?“ „Eine Pause wäre jetzt gut“.

Projekte

Im Workshop entstanden folgende 4 (+1) Projekte. Diese sollen kurz hier vorgestellt werden.

McDeath

Das Team von McDeath ging vom Satz „Punk versperrt den Weg ins Jenseits“ aus. Die Frage dazu: Was, wenn man jemanden daran hindern würde friedlich einzuschlafen (die Schäfchen zu zählen)? Und wie macht man das? Man holt sich die Schäfchen, bevor sie über den Zaun springen!

Die punkige Gameidee wurde dann konkretisiert mit Ronald McDonald, einer Figur die in der Kindheit durchaus positiv war, aber bei dem sich mit zunehmendem Alter und kritischer Auseinandersetzung doch ‚Probleme herauskristallisieren‘. All dies ist eingeflossen, wie man sieht oder spielen kann.

Und so startet das Spiel auch mit dem lieben Ronald McDonald.

Und im Game kann der Spielende, Ronald daran hindern einzuschlafen, konkret müssen die Objekte aufgehalten werden, die gerne in seine Friteuse wollen. Verschiedene Persönlichkeiten, verschiedene Einschlafgewohnheiten. Mit dabei sind die Innereien aus dem McDonalds von Chicken bis über Pommes Frites bis zu älteren Maskottchen.

Spielbar ist das Spiel online hier:
https://janhobi.itch.io/mcdeath

Team:
Coding, Staging: Toadsya
Art, Staging: David Sick
Sound, Coding, Staging: Jan Hobi

When I grow up, I want to be a doctor

Ebenfalls sehr sarkastisch, zynisch oder zumindest entlarvend ist das Spiel bei dem man* jemandem anderem oder sich(?) eine Spritze setzen muss. Auch hier gilt: Nicht immer ist alles, wie es scheint und Wünsche erfüllen sich nicht immer.

Zeit als Doktor loszulegen.

Dieses Spielt setzt Animation gekonnt ein, indem es einen Schwenk am Ende macht und die Szene nochmals ganz anders situiert.

Das Spiel ist online und herunterladbar hier:
https://akandamador.itch.io/when-i-grow-up-i-want-to-be-a-doctor

Game Design & Coding: Janosch Büchi
Game Design & Art: Daniel Neto Dias
Coding: Dominic Sutter

A Glimpse Of Joy

Das Spiel macht sich über den Komplex ‚Game‘ lustig. Im ersten Teil muss man dafür arbeiten, danach zu spielen.

Man muss PDFs scannen und schauen, ob Bedingungen erfüllt sind und dann das Dokument digital signieren. Ein äusserst langweiliger Prozess und vorallem langwierer Sign-Prozess.

Hat man dies geschafft, kann es losgehen. Das Spiel wartet. Allerdings tut man auch hier nicht besonders viel: Man ist vor allem mit dem öffnen von Lootboxen beschäftigt. Und bald schon ruft wieder der Unterzeichnenjob.

Team:
2D Animation: Hoang Morin
Coding: Dandros
Programmierung: Hannes Sturm

Sip n‘ Jam

Dieses Spiel geht der Ikonografie der ‚Punks‘ nach oder dem, was es für Stereotypen von Punks gibt: Man* trifft sie im Park mit Bier. Man spielt deswegen konsequent einen trinkenden Punk im Park (War er mal Musiker?). Er hat die Möglichkeit seine Flaschen verschieden leer zu trinken und damit eine Melodie zu kreieren. Dabei gibt das Spiel vor, wie weit man die Flasche ‚leeren‘ muss und das ist gar nicht so einfach. Wie beim Biertrinken üblich, ist das Spiel ganz einfach zu bedienen: Das Drücken und Loslassen der Spacetaste reicht.

Das Spiel lässt sich downloaden und spielen hier:

https://thejcm.itch.io/sipnjam

Team:
Art & animation: Laura Maiullari
Art: Leonhard Holzenburg
Coding: Joachim Merchie

AUF ZUR ARBEIT

Dieses Spiel entstand ebenfalls während des Workshops und ging der Frage nach: Könnte man ein Spiel zu Work, Consume, Buy, Die machen, das in der Tradition von Oregon Trail vor allem davon lebt, dass am Anfang Entscheidungen getroffen werden und dann entsteht uninteraktiv eine Erzählung im Fortgang der Geschichte (Oregon Trail ist nicht ganz so radikal in Sachen Entscheidungen). Interessant ist hier auch die Frage, was passiert, wenn die Entscheidungen gar nichts bewirken, man aber dennoch das Gefühl hat, etwas zu beeinflussen. Die einzige Animation findet sich hier allerdings, beim Einblenden der sich entwickelnden Geschichte. Es wurde – weil von den Organisatoren – nicht präsentiert.

AUF ZUR ARBEIT ist online spielbar mit dem Setting, dass schon der Weg zur Arbeit ein Abenteuer für sich ist:
https://editor.p5js.org/t00cg/full/87uRdidyi

Team:
Konzept: Sonja Böckler, René Bauer
Code (p5.js): René Bauer

Präsentation

Abschliessend wurden die Projekte in einem Kino im Rahmen des Fantoche präsentiert. Dabei ging es vorallem darum, auch den Prozess erfahrbar zu machen.

Nach 5 Tagen, 5 Spiele und vielen Animationsfilmen:

Zukunft

Prinzipiell scheint der Workshop wichtig, bringt er zwei Szenen zusammen, die Potential haben und denen auch offensichtlich ein Teil der (auch finanziellen) Zukunft gehört. Die Ergebnisse sind auch meist etwas, was weder im Gamedesign alleine wie auch in der Animation alleine entstehen würden. Dennoch bleibt die Frage wie jedes Jahr: Lohnt sich der Aufwand und wie lässt sich der Workshop weiterhin finanzieren?

Man kann die Frage auch grundsätzlicher stellen: Warum ist der Schweiz ihre Zukunftsformate nicht mehr Unterstützung wert. Andere Medien wie der Film haben da weit weniger Probleme und deren Potential scheint doch recht ausgereizt.

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